Ursprünglich hat Patrick Oriet in Zürich Bierbrauer gelernt. Sein Engagement in der Brauszene führte ihn jedoch ins Labor, wo er Proben entnahm und überprüfte. Im Jahr 2000 wechselte er schliesslich in den Vollzug und amtet derzeit als Stellvertreter für den Bereich Lebensmittelinspektorat beim Kantonalen Labor in Zürich. Patrick Oriet kontrolliert rund drei Mal pro Woche einen gastgewerblichen Betrieb. Was ihm dabei auffällt, erzählt er im Gespräch mit GastroJournal.
GastroJournal: Sie statten jedem Betrieb rund alle 18 Monate einen Besuch ab. Was steht bei der Inspektion im Vordergrund?
Patrick Oriet: Bei einem Gastronomiebetrieb ist es die Hygiene: Wie sieht der Betrieb aus und wie wird mit Lebensmitteln umgegangen? Dazu gehört die Überprüfung von Wareneingang, Lagerung und Verarbeitung. Ganz wichtig sind auch die richtigen Temperaturen und die richtige Deklaration.
Wie steht es um die Hygiene im Schweizer Gastgewerbe?
Generell gibt es grosses Verbesserungspotenzial. Auf der einen Seite haben wir zwar Berufsleute, die sich sehr viel Mühe geben und wirklich gut arbeiten, auf der anderen Seite aber auch jene, die mit der Situation im Gastgewerbe überfordert sind. Gerade in Zürich haben wir eine extrem hohe Fluktuation: Einige Betriebe haben quasi jedes Jahr einen neuen Pächter. Und bei den Neueinsteigern bemerken wir, dass diese zum Teil falsche Vorstellungen haben. Sie müssen dem Konkurrenzdruck standhalten, gleichzeitig aber auch einkaufen, produzieren, abrechnen und putzen. Das sind sehr hohe Anforderungen, und da passieren schnell einmal Fehler.
«Im Bereich Hygiene gibt es grosses Verbesserungspotenzial»Welche Mängel beobachten Sie am häufigsten?
Oft passiert es, dass Lebensmittel nicht korrekt geschützt oder die reinen nicht von den unreinen getrennt werden. Auch eine offene Lagerung und nicht eingehaltene Temperaturen sind ein Problem. In vielen Betrieben ist zudem die Selbstkontrolle nicht so gut, wie sie sein sollte: Es ist zum Beispiel ganz wichtig, dass bei einem Mangel eine Massnahme ergriffen wird. Stimmt zum Beispiel die Kühlschranktemperatur nicht, sollte sie sofort angepasst oder der Kühlschrank repariert werden. Einige Gastronomen schreiben den Mangel zwar auf, unternehmen aber nichts. Haben Sie in den letzten Jahren Veränderungen in der Qualität der Betriebe erlebt, etwa in Hinsicht auf die Liberalisierung in der Branche?
Das kann man so nicht sagen. Wir haben sowohl Quereinsteiger wie auch Berufsleute, die sehr gut arbeiten – wir haben aber auch das Gegenteil. Und zwar sowohl im traditionellen Gastgewerbe wie auch bei Take-aways. Dennoch war die Liberalisierung, also das Abschaffen einer Wirteprüfung, meines Erachtens nicht sinnvoll. Ich fände es gut, wenn Gastronomen sich noch intensiver mit der Lebensmittelbranche und dem Umgang mit Lebensmitteln auseinandersetzen würden. Das bleibt jedoch ein politischer Entscheid. Anfang Mai ist das revidierte Lebensmittelgesetz in Kraft getreten. Was wird sich dadurch für Gastronomen konkret ändern?
Im Berufsalltag der Gastronomen wird sich nicht sehr viel verändern – am Schluss entscheidet immer noch die Qualität der Lebensmittel. Was sich aber geändert hat, ist die ganze Gesetzesstruktur. Woran wir jetzt arbeiten müssen, ist eine gute Schulung durch die Berufsverbände. Das Thema Allergene wird das Gastgewerbe sicher beschäftigen: Man kann diese auf der Speisekarte angeben oder einen Hinweis anbringen, dass darüber mündlich informiert wird. Ausserdem muss Fisch neuerdings ähnlich deklariert werden wie Fleisch, im Offenverkauf auch die Fanggeräte. Und Kleinbetriebe mit bis zu 900 Stellenprozent haben nun auch von Gesetzes wegen erleichterte Vorgaben bei der Selbstkontrolle.
«Die Abschaffung der Wirteprüfung war nicht sinnvoll»Was ist damit gemeint?
Die erleichterten Vorgaben müssen erst noch festgelegt werden. Wer nach der bewilligten Leitlinie «Gute Verfahrenspraxis im Gastgewerbe» von GastroSuisse arbeitet, handelt aber in jedem Fall richtig. Zudem werden wir die neuen Punkte bei der Kontrolle nicht gleich beanstanden, sondern die Pächter erst einmal darauf aufmerksam machen. Gewisse Politiker fordern, dass die Resultate einer Lebensmittelkontrolle öffentlich einsehbar werden. Was halten Sie davon?
Beim Kantonalen Labor werden wir häufig darauf angesprochen, doch das wäre mit Schwierigkeiten verbunden. Eine Inspektion ist immer eine Momentaufnahme. Wenn ich zum Beispiel ein Ausflugsrestaurant nach einem Feiertag kontrol liere, dann kann es gut sein, dass der Betrieb in diesem Moment nicht so gut aussieht – weil dort in den letzten Stunden intensiv gearbeitet wurde. Das wäre also nicht fair. Um fair zu sein, müssten wir viel mehr – ja eigentlich täglich – Lebensmittelkontrollen machen, um ein aktuelles, realistisches Bild des Gastronomiebetriebs zu erhalten.
«Eine Inspektion ist immer eine Momentaufnahme»Was wünschen Sie sich von Gastronomen bei der Kontrolle?
Ich fände es sehr gut, wenn sie aktiv mit uns zusammenarbeiten würden. Eine ablehnende Haltung oder mangelndes Interesse ist für uns schwierig. Wenn Gastronomen uns bei der Kontrolle begleiten, ist das auch in ihrem Interesse, denn viele Dinge lassen sich bereits im Gespräch klären. Wir sind auch ausserhalb der Kontrollen bei Fragen da – entweder per Mail oder Telefon. Nicht zuletzt gibt es die Möglichkeit, Stichproben der Lebensmittel durchzuführen. Das kostet zwar, ist aber zur Vorbeugung empfehlenswert. www.klzh.ch
Lieblingshotel In den Ferien sucht Patrick Oriet am liebsten das Peabody Hotel in Memphis auf. Ihn überzeugt nicht nur die Lage im Musik-Mekka Amerikas, sondern auch das Gesamterlebnis: die lange Tradition des Hauses, die gemütliche Atmosphäre mit Klavierklängen, die wunderschöne Bar und der hervorragende Service. |