Der Rechberg 1837 expandiert mit dem Rank

Reto E. Wild – 15. Oktober 2021
Die Inhaber des Rechbergs eröffnen am 21. Oktober 2021 das Kulturhaus Rank im Niederdorf. Die jungen Gastronomen leben Nach­haltigkeit vor: bei den Produkten und den 34 Mitarbeitenden.

Sie erwähnen Arbeitseinsätze von sieben Tagen pro Woche, Nachtschichten und entsprechende Augenringe. Doch wer den Brüdern Alexander (37) und Raphael Guggenbühl (33), 15-Punkte-Chef Carlos Navarro (35) und Celine Horst (30) begegnet, sieht vielmehr die Leidenschaft für die Gastronomie, welche die vier Inhaber des Restaurants Rechberg 1837 beim Predigerplatz in Zürich ausstrahlen. Der Rechberg hat sich viel Anerkennung verdient, weil er seit der Eröffnung durch die jetzigen Inhaber konsequent auf ursprüngliche Schweizer Produkte setzt, welche bereits 1837 erhältlich waren und keinen industriellen Zuchtverlauf durchmachten. Navarro, der sein Handwerk unter anderem im Mesa und im Dolder lernte und mit Raphael und Alexander Guggenbühl aufgewachsen ist, «verblüfft mit souveräner Kreativität», wie GaultMillau schreibt.

Im Gebäude des ältesten Stripclubs

Dieses Quartett setzt nun nach fünf Jahren Rechberg zum nächsten Paukenschlag an: Am 21. Oktober eröffnet das Kulturlokal Rank an der Niederdorfstrasse 60 in Zürich. Hier befand sich bis 2020 mit dem Calypso der älteste Stripclub der Schweiz, im hinteren Bereich wurde in der einstigen Wursterei die legendäre Dörfliwurst produziert. Rank deshalb, weil die nahgelegene Limmat vor der Begradigung eine Kurve machte; die Gasse am Rank war einst Treffpunkt der Zürcher Jugend. Betriebswirtschafter Alexander Guggenbühl erklärt: «Wir sind die Inhaber des Ranks und lassen den Betrieb durch ein Team führen, das ähnlich tickt und arbeitet wie wir.»

Die Inhaber überlassen nichts dem Zufall. Sie haben eine Liebe für Details und arrangieren diese perfekt. Das zeigt sich bereits bei den eigens angefertigten Stühlen von Horgenglarus, den Tischen mit blauem Lack, der so aufgetragen ist, das die Maserung sichtbar bleibt. Das von Montag bis Samstag mittags und abends geöffnete Kulturlokal besteht aus einem Imbiss im Eingangsbereich, wo Passanten über die Gasse etwa Sandwiches kaufen können und eine Hommage an die Dörfliwurst zelebriert wird. Er ist als Take-away von 11 bis 24 Uhr geöffnet, am Wochenende bis zwei Uhr morgens.

Neuzeitliche Schweizer Küche

Am Sonntag gibt’s bis 20 Uhr Brunch mit einer Karte, die auch fürs frühe Abendessen funktioniere – begleitet von Hintergrundmusik. Der Rank sei wie ein Spin-off des Rechbergs, setzt ebenfalls auf Schweizer Küche mit süss-sauren asiatischen Elementen. Die 25-jäh­ri­ge Küchenchefin Michaela Frank bezeichnet ihre Handschrift als neuzeitliche Schweizer Küche. Während der Konzerte werde sie statt Falafel aus Kichererbsen, Bohnenkugeln zubereiten, Knäckebrot mit Dip oder Profiterole mit geräuchertem Fisch. Ansonsten bestehe das Angebot aus kleineren und grösseren Gerichten wie Suppen, Dinkelsalat mit Zitronen, Nüsslisalat mit Baum­nüssen oder geschmortes Kokosrind mit knusprigem Sesam. «Wir sind uns sehr wohl bewusst, welchen Einfluss wir auf die Umwelt haben. Pulpo etwa passt nicht zu uns, weil das Produkt nicht unsere Werte vertritt.»

Wird der Rank nicht zur Konkurrenz des Rechbergs? Raphael Guggenbühl unterscheidet: «Der Rechberg bleibt wertbetrieben und aufwändig, was seinen Preis hat. Er ist deshalb eine Adresse für spezielle Gelegenheiten, während man im Rank auch mal zwischendurch einkehren kann.» Denn der Rank fahre mit seinen Produkten und Produzenten sowie spannenden Musikern auf einer populären Schiene und sei weniger avantgardistisch als der Rechberg.

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Sie führen das Kulturlokal Rank und sitzen hinter den neuen Tischen: Michaela Frank, Thom Kiener, Sophia Ender, Adrian Schindler und Anna Lena Zastrow (v. l.). (Bild: Reto E. Wild)

Beide Restaurants werden mit dem inzwischen riesigen Netzwerk an Bauern und anderen Produzenten zusammenarbeiten. 80 bis 90 Prozent der Weine werden aus der Schweiz stammen. Der Rank profitiert dabei vom Rechberg, der über 600 Schweizer Weine direkt bezieht. Laut Raphael Guggenbühl werde das Weinangebot im Rank etwas breiter sein, mit einzelnen Positionen aus dem grenznahen Alpenraum.

Zu den 10 Arbeitsplätzen im Rechberg kommen nun 24 im Rank hinzu. Das Rank-Führungsteam ist auf jeder Po­sition stark besetzt: Michaela Frank wird sich als Küchenchefin mit Navarro absprechen, Hotelfachschulabsolventin Sophia Ender (unter anderem Park Hotel Vitznau, Bauernschänke) wird Bindeglied zwischen der Küche und dem Service und übernimmt viel Verantwortung in der Koordination, Hotelfach­schul­abgänger Adrian Schindler (er arbei­tete unter anderem im Hotel Storchen) kümmert sich um die Lagerkontrolle und den Einkauf von Getränken. Thom Kiener, Quereinsteiger und gelernter Sozialarbeiter, sorgt sich um die Team­dynamik und wird, wie alle im Führungsteam, auch eine operative Rolle an der Front einnehmen. Und schliesslich schaut Anna Lena Zastrow, die vom Dolder-Housekeeping kommt, dass Serviceeffizienz und Freundlichkeit im Umgang mit Gästen das Niveau des Rechbergs erreichen.

Immer wieder zeigt sich, wie nachhaltig die Verantwortlichen handeln. Für den Rank etwa gibt es einen Plan über 25 Jahre, der die Bedeutung des Betriebs für die jungen Unternehmer unterstreicht. Sie haben in den fünf Jahren Rechberg einen Teil des Lohns auf die Seite gelegt, um so die Finanzierung ihres Vorhabens zu ermöglichen.

Den ausführlichen Bericht lesen Sie in der letzten Ausgabe des GastroJournal.