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Dem Seidentofu auf der Spur

Cristina Bürgi – 22. Dezember 2016
In knapp einem Monat wird Filipe Fonseca Pinheiro das Bocuse d’Or-Finale in Lyon bestreiten. Für seine vegane Vorspeise hat er sich im Restaurant Hiltl Inspiration geholt.

«C'est impressionnant – das ist beeindruckend», meint Filipe Fonseca Pinheiro, als er das vegane Tatar im Restaurant Hiltl probiert. Auch das «Noix Gras» – eine vegetarische Variante der Gänsestopfleber – und der fleischlose Hamburger munden ihm. Es sei gut kopiert und noch besser abgeschmeckt, findet er. Hier, im Restaurant Hiltl in Zürich, möchte sich der 27-jährige Spitzenkoch in die Geheimnisse der veganen Küche einweihen lassen. Denn in knapp einem Monat wird er gegen 23 Gegner am Finale des Bocuse d’Or-Wettbewerbs antreten, wo zum ersten Mal ein fleischloser Gang gefragt ist. Ein internationaler Koch-Wettbewerb ohne tierische Produkte wie Butter, Milch oder Rahm – das gab es noch nie. Doch für das 30-Jahre-Jubiläum des renommierten Concours musste eine neue Aufgabenstellung her. «Und wer könnte Filipe bei dieser Herausforderung besser unterstützen als das älteste vegetarische Restaurant der Welt?», erklärt Lucien Mosimann, Koordinator der Schweizerischen Bocuse d’Or-Akademie, den Besuch im Hiltl. Das fünfstöckige Restaurant ist in Zürich eine Institution: Hier sind rund um die Uhr Köche am Werk, um das Essen für die insgesamt sieben Hiltl-Filialen zu produzieren. Täglich werden bis zu 1500 Kilogramm Gemüse verarbeitet, zudem reichern die Köche die Speisen mit Fleischersatzprodukten wie Tofu, Seitan oder Tempeh an. Und genau über diese Spezialitäten lassen sich der Schweizer Finalist Filipe Fonseca Pinheiro und sein Commis Nicola Marijanovic beraten. «Welches Produkt verwendet ihr für eine festere Struktur?» und «Mit welcher Zutat färbt ihr das Tatar?» sind nur einige der Fragen, die im Gespräch mit Hiltl-Küchenchef Christoph Remund auftauchen. Für das Finalkochen am 25. Januar in Lyon darf Filipe Fonseca Pinheiro zwei Produkte aus der Schweiz mitnehmen. Ein Fleischersatzprodukt wäre durchaus eine Option, da beispielsweise Seidentofu mittlerweile auch in der Schweiz produziert wird. Das Sojaerzeugnis gleicht in der Konsistenz einem Wackelpudding und ist vielseitig einsetzbar, unter anderem als Crème, Suppen-einlage oder Ei-Ersatz. Doch das Kochen mit pflanzlichen Proteinen ist nicht ohne: «Während man beim Gemüse mit beinahe perfekten Produkten arbeitet, gibt es in der veganen Küche eben auch andere, etwas weniger perfekte Zutaten», erzählt Küchenchef Christoph Remund: «Lebensmittel wie Tofu oder Seitan schmecken pur nach gar nichts und müssen deshalb richtig gewürzt oder mariniert werden.» Die persönliche Beratung und Degustation beeindruckt Filipe: «Ca m’ouvre l’esprit – es inspiriert mich sehr.» In den nächsten Tagen wird er die gewonnenen Eindrücke verarbeiten und sein Rezept für die vegane Vorspeise vervollständigen. Eine Vorstellung davon hatte er bereits, doch es fehlten noch letzte Finessen, die er sich vom Besuch im Hiltl erhoffte. Sein fertiges Rezept muss er bis Ende Dezember einschicken. Die zweite Aufgabe, eine Neuinterpretation des klassischen französischen «Poulet et écrevisse», hat er bereits ausgearbeitet. Somit bleiben ihm und seinem Commis Nikola noch ein guter Monat Zeit für den Feinschliff und die intensiven Probeläufe. Von Nervosität fehlt bei Filipe Fonseca Pinheiro, der neben den Wettbewerbs-Vorbereitungen als Sous-Chef im Hôtel de Ville in Crissier kocht, aber jede Spur: «Ich bin viel ruhiger als dazumal beim Finale des Goldenen Kochs.» Vielleicht, weil er die schweizerische sowie europäische Vorausscheidung des Bocuse d’Or bereits gemeistert und für das internationale Finale gute Chancen hat. Denn der zielstrebige Filipe weiss genau, was er will: «Einen Platz auf dem Podium.» www.bocusedorsuisse.ch