Gastronomie

Das Auge isst immer mit

Cristina Bürgi – 19. Oktober 2018
Kulinarik ist ein ästhetisches Thema. Umso mehr sollten Köche und ­Gastrounternehmer auf ­optische Blickfänge setzen.

«Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.» Dieses Sprichwort könnte aus der Gastronomie stammen, denn kein Mittel eignet sich so gut wie Fotografien, um das Speise- oder Getränkeangebot zu vermarkten. In den sozialen Medien sind solche Bilder unter dem Begriff «Foodporn» bekannt: Wer zum Beispiel bei der Foto-App Instagram nach diesem Schlagwort sucht, findet über 175 Millionen Ergebnisse. Davon ist ein Bild appetitlicher als das andere: von frischen, knackigen Salaten über perfekt gegarte Fleischstücke bis hin zu bunten, liebevoll dekorierten Torten. Diese Fotos sorgen nicht nur für Inspiration zum Nachkochen, sondern verleiten auch dazu, das Gericht oder Dessert im entsprechenden Restaurant zu bestellen.

Im Gastgewerbe hat man das Potenzial dieser Bilder bereits erkannt: So besitzen viele Köche, Res­taurants und Hotels ihr eigenes Social-Media-Profil, auf dem sie regelmässig Beiträge veröffentlichen. Beispiele hierfür sind in der Deutschschweiz Sebastian Rösch vom Restaurant Mesa in Zürich, der ästhetische Fotos von seinen Gerichten und den entsprechenden Zutaten publiziert, oder Rolf Caviezel vom Restaurant Station 1 in Grenchen, der seine Experimente in der Küche dokumentiert. In der Westschweiz wiederum überzeugen unter anderem Damien Germanier vom gleichnamigen Restaurant in Sion sowie das Restaurant Black Tap in Genf mit beeindruckenden Food-Aufnahmen und einem Blick hinter die Kulissen.

Bilder, die ins Auge stechen, sind heute wichtiger denn je: Denn aufgrund der grossen Informationsflut hat die Aufmerksamkeitsspanne der Konsumenten abgenommen. Um ihre Beachtung zu gewinnen, müssen Köche und Gastgeber auf Visual Storytelling setzen und quasi mit Bildern eine Geschichte über ihren Betrieb und ihr Angebot erzählen. Das erzeugt nicht nur Nähe, sondern auch Transparenz, was von den heutigen Konsumenten immer stärker gewichtet wird. Mit eigenen Social-Media-Profilen und ansprechenden Bildern kann die Auslastung des Betriebs mit geringem Aufwand optimiert werden. Wichtig ist, dass die Kanäle in regelmässigen Abständen aktualisiert werden. Der Aufwand lohnt sich, denn Digitalisierungsexperten sind überzeugt: Apps wie Instagram gehören heute in jeden Marketingmix.

Die Gründerinnen des Visual-Storytelling-Studios «nom-nom» über digitales Marketing

Die Aufmerksamkeit durch Bilder einfangen

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 Corinne und Bettina von nom-nom (ZVG)

Hinter «nom-nom» stecken Bettina Ehrismann und Corinne Zeltner. Die 29-jährigen Freundinnen arbeiteten beide im Grafikbereich, bevor sie 2015 ihren Food-Blog lancierten. Inzwischen ist «nom-nom» auch ein Visual-Storytelling-Studio in Zürich, in dem die beiden Frauen unter anderem Kampagnen für Fooby, Annabelle und Betty Bossi umsetzen.

GastroJournal: Warum ist Visual Storytelling so wichtig geworden?
Corinne Zeltner: Der Konsument erhält heute viele kurze Inputs. Deswegen ist es wichtig, seine Aufmerksamkeit etwas länger einzufangen, zum Beispiel durch Bilder, die Emotionen auslösen oder eine Geschichte erzählen. Die Gäste sind zudem kritischer geworden und fragen sich, woher die Zutaten stammen. Sie interessieren sich für Bilder, die zum Beispiel den Koch mit dem Produzenten zeigen.

Worauf sollte man beim Erstellen einer Visual-Storytelling-Kampagne achten?
Bettina Ehrismann: Zuerst sollte man die Zielgruppe definieren: Spricht man eher weibliche oder männliche Gäste an, jüngere oder ältere? Dann kann man definieren, welchen Aspekt man hervorheben möchte: etwa ein veganes Angebot oder eine nachhaltige Philosophie. Zum Schluss sollen die Werte des Unternehmens gezeigt werden: Wer steckt hinter dem Betrieb?

Welche Plattformen empfehlt ihr dafür?
Corinne Zeltner: Das hängt vom Betrieb ab, aber wir setzen persönlich auf unsere Website, Instagram, Facebook, Pinterest und Newsletter. Wichtig sind auch schöne Visitenkarten.

Wie oft sollte ein Gastgeber oder Koch im Idealfall etwas publizieren?
Bettina Ehrismann: Am besten täglich. Ein gutes Beispiel ist das Res­taurant Noma in Dänemark, das seine sozialen Kanäle sehr gut bewirtschaftet.

Was könnt ihr Gastronomen empfehlen, um sich mit wenig Aufwand digital besser zu vermarkten?
Corinne Zeltner: Mutig sein! Und sich einfach einmal trauen, etwas zu publizieren, auch wenn es keine perfekten Fotos sind. Das ist das Schöne an der digitalen Welt: Alles ist schnell veränderbar und kann im Notfall gelöscht werden. Und die Gäste interessieren sich sehr für den Blick hinter die Kulissen.cb www.nom-nom.ch