Gastronomie

Brautage sind meine Lieblingstage

Christine Bachmann – 20. Juni 2018
Sie ist unglaublich aufgeweckt und eine der wenigen Frauen im Brauberuf: Einkehr bei Brauerin Susi Meyer von der Bierfactory AG, Rapperswil-Jona.

Eine Fabrikhalle im st. gallischen Rapperswil-Jona. Hier, in der im Jahr 2000 gegründeten Bierfactory, ist seit gut zwei Jahren Susi Meyer tätig, die Biere mit exotischen Namen wie «Puffed Daddy Swiss Imperial Chocolate Marsh­mallow Stout» oder «One Night Stand Double IPA» zusammen mit Kollege Philipp Pfrimmer braut. Ein Traumjob, eine Berufung irgendwie, wie die zierliche, 30-jährige Deutsche betont. Dass Susi Meyer, die ein BWL-Studium in der ­Tasche hat, dereinst als Brauerin ihren Lebensunterhalt ­bestreiten würde, hätte ihr Umfeld vor ein paar Jahren wohl nicht gedacht. Am wenigsten die Mama, die Susis berufliche Wendung anfänglich nicht so verstanden hat, «mich aber heute voll und ganz unterstützt, weil sie gemerkt hat, dass mich der Job einfach glücklich macht».

«Ich geniessedie Freiheiten in einer ­kleinen Brauerei»
Die Liebe zum Bier, explizit zum Craft Beer, entdeckte Meyer während ihrer Zeit in den USA: «Die Biervielfalt dort hat mich total begeistert und als ich nach Deutschland zurückkam, wusste ich, dass ich an diesem Thema dranbleiben möchte.» Und das tat sie dann auch, wenn vorerst noch mittels ihres ursprünglichen Studienfachs. So lautete der Titel ihrer Master-Thesis passenderweise «Nachhaltigkeit und Craft Beer Szene. Nischenstrategien im Schatten von Preiswettbewerb und Etikettenschwindel». «Ein spannendes Thema, das mich meinem heutigen Beruf damals wieder einen Schritt näher brachte.»
«Die Biervielfalt in den USA hat mich total begeistert»
Nach dem Abschluss ihrer Arbeit folgte Susi Meyer ihrem amerikanischen Freund in die Schweiz, der in Zürich eine Doktoranden-Stelle antrat. Hier, fern der Heimat, konkretisierte sich dann ihr Wunsch immer mehr, in der Brauszene aktiv tätig zu sein. «Erst habe ich mit Freunden hobbymässig im ganz kleinen Rahmen Bier gebraut, später dann als Teilzeitkraft in der Bierfactory begonnen und heute bin ich hier mit meinem Kollegen Philipp für die Produktion von 700 Hektolitern Bier verantwortlich», erzählt Susi Meyer. «Das Tolle am Brauen ist, dass ich am Ende ein Produkt in den Händen halte, das ich von A bis Z hergestellt habe – von der Rezeptur übers Brauen bis hin zum Abfüllen.» Donnerstag und Freitag sind Meyers «Lieblingstage», «da brauen wir jeweils», sagt sie freudig. Das geniesse sie jeweils so richtig. «Denn ich liebe diesen speziellen süsslichen Geruch, der jeweils beim Brauen in der Luft liegt, das ist einfach schön.» Die Montage und Dienstage hingegen mag Susi etwas weniger, «dann füllen wir meistens das Bier in die Flaschen und das ist halt nicht so spannend, aber muss halt sein, wenn wir das Bier unter die Leute bringen wollen», sie schmunzelt. Und mittwochs? «Am Mittwoch putzen wir, erledigen Administratives sowie Arbeiten, die man in einer Brauerei halt auch noch so machen muss.» Gebraut werden in der Bierfactory von Susi und ihrem Kollegen Philipp fünf Standard- sowie ein bis drei saisonale Biere. «Bei letzteren probieren wir jeweils neue Rezepturen aus. Hier genies­se ich die Freiheiten einer kleinen Brauerei.» Die 700 Hektoliter Bier, die gebraut werden, gehen grösstenteils in den Einzelhandel und zu einem kleinen Teil in die Gastronomie, wie Susi erzählt. «Es ist schwierig, bei all diesen Bierverträgen der gros­sen Brauereien als kleine an die Zapfsäule zu kommen», bedauert Meyer. Dennoch gebe es ausgewählte Lokale, die ihr Bier führen.
«Es hat Platz für ­Tradition wie auch für Experimentelles»
Braut Susi gerade nicht, dann steht sie an der Theke der International Bier Bar in Zürich. Normalerweise nur zwei Sonntage im Monat, aber momentan ein wenig mehr. Warum? «Weil ich für die Ausbildung zum Brau- und Malzmeister an der Doemens Akademie spare, die diesen September beginnen wird.» Zwei Semester dauert die Ausbildung und Meyer freut sich schon sehr darauf, wieder die Schulbank zu drücken und ihr erarbeitetes Wissen nun auch noch mit einer soliden theoretischen Basis zu untermauern. «Mir ist schon klar, dass es hart werden könnte in der münchnerischen Reinheitsgebot-Bier-Hochburg, zumal ich eine Frau und dann noch eine Craft Beer-Brauerin bin. Aber zum einen hat es in der Szene Platz für Tradition wie auch für Experimentelles und zum anderen weiss ich mich durchzusetzen», Susi lacht. Man glaubt es ihr.