Gastronomie

Allergene im Offenverkauf

Berner Fachhochschule – 07. November 2018
Wie gehen Schweizer Gastronomen mit der Allergendeklaration im Offenverkauf um? Die Berner Fachhochschule hat nachgeforscht: Einblicke und Ergebnisse.

Im Mai 2017 ist das neue Lebensmittelgesetz in Kraft getreten. Eine Anpassung betrifft die Information über «Allergene» (Zutaten, die Allergien oder andere Unverträglichkeiten auslösen können) in offen angebotenen Lebensmitteln. Als Grundsatz der Kennzeichnung gilt die Schriftlichkeit. Mündlich kann weiterhin Auskunft gegeben werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. So muss gut sichtbar darauf hingewiesen werden, wie die Informationen eingeholt werden können. Ausserdem braucht es eine schriftliche Dokumentation oder eine fachkundige Person vor Ort, die Auskunft geben kann. Mit dieser Gesetzesänderung wird auf ein wichtiges Bedürfnis der Personen mit Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen nach mehr Transparenz eingegangen. Sie setzt aber auch voraus, dass sich Anbieter von offen angebotenen Lebensmitteln intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Die Umsetzung des Gesetzes in die Betriebsabläufe stellt die Gastronomen, die ohnehin schon sehr viele Anforderungen erfüllen müssen, vor eine grosse Herausforderung. Um von denen zu lernen, die schon vor der Gesetzesanpassung freiwillig eine Allergendeklaration umgesetzt haben, wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes der Berner Fachhochschule Restaurantbetriebe, Cafés, Bäckereien und Metzgereien in der Deutschschweiz interviewt. Dabei sollten die aktuelle Herangehensweise und Probleme, mit denen sich die Gastronomen konfrontiert sahen, herauskristallisiert werden. In den beiden Kästen (siehe zweites Bild in Bildgalerie) werden Ergebnisse dieser Interviews aufgezeigt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen andere Gastronomen bei der Umsetzung der «Allergenkennzeichnung» unterstützen. Von Juni bis August 2017 wurden zehn Betriebe befragt, die offen angebotene Lebensmittel verkaufen und auf eine Form der Allergenkennzeichnung im Internet hinweisen. Die Gespräche wurden mit Restaurant- sowie Küchenleitenden, Servicemitarbeitenden und Angestellten im Grosshandel geführt. Die wichtigsten Ergebnisse sind in den Kästen in der Bildgalerie zusammengefasst. Was bleibt noch zu tun? Bei der Umfrage kamen die Gastronomiefachleute immer wieder auf die Herausforderungen zu sprechen. Folgende drei Punkte haben sich dabei als besonders zentral herausgestellt:

  1. Die bisher umgesetzten Massnahmen weisen noch eine grosse Heterogenität auf. So unterschiedlich die Betriebe sind, so unterschiedlich sind auch die Massnahmen. Das wirft die Frage auf, ob einheitliche Vorgaben für Anbieter besser umsetzbar und für die Personen mit Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen besser verständlich wären.
  2. Die Schulung der Mitarbeitenden sollte fachliche Aspekte be­inhalten, aber auch die Gastronomiefachleute für die Betroffenen sensibilisieren. Ein Perspektivenwechsel, zum Beispiel durch Gespräche mit Betroffenen, wäre wünschenswert. Ein Interviewteilnehmender schlug vor: «Zieh die Brille des Gastes an.»
  3. Um Fehler in der Deklaration zu vermeiden, muss das Datenmanagement lückenlos funktionieren – von der Produktion einer Speise bis hin zu deren Verzehr. In den Gesprächen stellte sich ein Gastronom das optimale Allergenmanagement folgendermassen vor: «Die Deklarationen aller verwendeten/möglichen Zutaten sind elektronisch erfasst. Nach der Zubereitung des Gerichts können alle Zutaten im System ausgewählt werden, und das System kann alle ‹allergenen Zutaten› oder Zutaten der zusammengesetzten Lebensmittel ausgeben.»
Nächste Schritte: Als weiteren Teil des Projekts hat die Forschungsgruppe gezielte Fokusgruppen­interviews durchgeführt. Die Gruppen setzten sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Betriebe, die offen angebotene Lebensmittel verkaufen, sowie aus Betroffenen mit Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen. Ausserdem wurde eine grössere Gruppe von Personen mit Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen mittels einer Online-Umfrage befragt, welche Form der Allergenkennzeichnung sie bevorzugen. Alle durch dieses Forschungsprojekt gewonnenen Erkenntnisse werden in einen Praxisleitfaden einfliessen, der Gastronomiemitarbeitende bei der Umsetzung der Gesetzgebung unterstützen soll. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass ein leicht anwendbares und kostengünstiges elektronisches Hilfsmittel den Anbietern von unverpackten Lebensmitteln die Umsetzung der Allergenkennzeichnung bedeutend erleichtern würde. Davon würden besonders auch kleinere Betriebe profitieren, die sich aus Kapazitätsgründen nicht so intensiv mit der Thematik beschäftigen können. Autorinnen: Susanne Müller, Jessica Stetter, Sandra Jent, Sonja Schönberg, Julia Eisenblätter