Gastronomie

Allergene als Hürde

Cristina Bürgi – 07. November 2017
Knapp sechs Monate ist es her, seit das revidierte Lebensmittelgesetz in Kraft getreten ist. Ein erstes Fazit der umstrittenen Neuerung.

Letztes Jahr erhielt es den «Rostigen Paragraphen», ­einen Spottpreis für das sinnloseste Gesetz: das ­Projekt Largo. Hinter dieser Bezeichnung verbarg sich die Revision des Lebensmittel­gesetzes, die über 25 neue Verordnungen enthielt und von ­Gastronomen empört als Bürokratie-Monster verschrien wurde. Seitdem ist jedoch viel Wasser den Bach heruntergeflossen: Zahlreiche Diskus- sionen sorgten dafür, dass die Verantwortlichen die ­Regelungen anpassten und branchenfreundlicher gestalteten. Und seit dem 1. Mai 2017 gelten die neuen Verordnungen schweizweit. Inzwischen ist es um das ­revidierte Lebensmittel­gesetz ruhiger geworden. Ein Blick auf die Speisekarten der Restaurants verrät, dass noch nicht alle Gastronomen die neuen Vorgaben umgesetzt haben. Das zeigt sich ins­besondere bei der gesetzlich geforderten Allergendeklaration. «Wir bemerken, dass hier noch eine grosse Unsicherheit herrscht», erzählt Patrick Oriet, Lebensmittel- inspektor beim Kantonalen Labor in Zürich. Oriet stattet Restaurants mehrmals wöchentlich einen Besuch ab und beobachtet dabei je nach Betriebsgrösse Unterschiede: «Von den grös- seren Unternehmen, ins­besondere aus der Gemeinschaftsgastronomie, haben bereits viele die Allergene in den Speisekarten deklariert.» In kleineren Unternehmen bemerke er jedoch, dass noch einige Fragen offen sind. «Wir wurden schon öfters gefragt, welche Zutaten allergen sind und wie man diese deklarieren sollte.» Das zeige, dass es in diesem Bereich noch Informationsbedarf gibt. Ein Problem sieht er darin jedoch nicht: Gemäss dem revidierten Lebensmittelgesetz haben Gastronomen ein Jahr Zeit, um die Neuerungen umzusetzen. Bis zum 1. Mai 2018 müssen sie daher auch nicht mit Beanstandungen der Lebensmittelinspektoren rechnen – diese werden sie jedoch auf die neuen Vorgaben hinweisen. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören neben der Allergen- auch die Herkunftsdeklaration von Fisch sowie die Erlaubnis, Insekten zum Verzehr anzubieten. Ersteres klappe gemäss Patrick Oriet in den Betrieben bereits sehr gut: «Das ist für Gastronomen relativ einfach umsetzbar, da die Angaben zum Fanggebiet der Fische in der Regel auf dem Lieferschein angegeben sind.» Auf ess­bare Insekten sei er während seinen Kontrollen hingegen noch nicht gestossen – «es gibt aber auch erst seit ­kurzem ein Unternehmen in der Schweiz, das diese produziert und verkauft.» Und wie haben Gastronomen die Einführung der neuen Verordnungen erlebt? Eine Umfrage von GastroJournal zeigt, dass die anfängliche Empörung grösstenteils ­einer ruhigen Akzeptanz ­gewichen ist. Mehrere Restaurants wie das Le Théatre in Emmenbrücke oder die Hitz­berger-Kette deklarieren Allergene auf ihrer Speisekarte schon seit längerem und sehen darin keine Herausforderung mehr. Für Restaurants, die Bankette anbieten, stellt es allerdings einen grossen zusätzlichen Aufwand dar: So überlegt man sich in der Küche der Jack’s Brasserie in Bern, ob man ­Allergene künftig auf der Speisekarte oder auf Kärtchen beim Buffet angeben soll. Auch allergenfreie Alternativen sind im Gespräch, beispielsweise ein Gemüsefonds ohne Sellerie. Was das Thema Insekten ­angeht, so winken die meisten befragten Gastronomen ab. Begeistert ist man hingegen bei der Hitzberger-Kette, die kürzlich in einer Zürcher Filiale einen Insektenburger lanciert hat – der sich nach eigenen Angaben sehr gut verkauft. Allergendeklaration Folgende allergene Zutaten sowie daraus gewonnene ­Erzeugnisse sind gemäss ­Anhang 6 im LIV deklarationspflichtig:

  • Glutenhaltige Getreide
  • Krebstiere
  • Eier
  • Fische
  • Erdnüsse
  • Sojabohnen
  • Milch
  • Hartschalenobst / Nüsse
  • Sellerie
  • Senf
  • Sesam-Samen
  • Schwefeldioxid
  • Sulfite (über 10mg pro kg oder l)
  • Lupinen
  • Weichtiere.
Mehr Informationen: href="http://bit.ly/ediliv"
Alles über Insekten

Inzwischen gibt es in der Schweiz erste Unternehmen, die Insekten für den Verzehr produzieren und vertreiben. Im Detailhandel kann man bereits Insektenprodukte wie Burger und Gemüsebällchen kaufen, in denen Mehlwürmer enthalten sind. GastroJournal hat zu diesem Thema eine ­Informationsseite kreiert, die mittels Text, Bild, Video und Ton viele Informationen zu den erlaubten Insektenarten liefert. Interessierte finden hier Fakten über die Insektenproduktion in der Schweiz, Nährwerte der erlaubten Grillen, Mehlwürmer und Heuschrek- ken sowie Interviews mit Züchtern und Gastronomen.

gastrojournal.ch/insekten