Gastronomie

Alkoholfrei geniessen in der Bar und im Restaurant

Christine Bachmann – 14. Februar 2019
Ob in Bars oder im Restaurant, alkoholfreie Getränke sind gefragt. Was funktioniert? Tipps aus der Szene.

Virgin Colada, Virgin Caipirinha oder Virgin Mojito, so hiessen noch vor ein paar Jahren die wenigen alkoholfreien Cocktails, sogenannte Mocktails, auf den Barkarten. Heute ist das vielerorts anders: Mocktails liegen im Trend, werden vermehrt nachgefragt und haben phantasievolle Namen wie «The Two Foxes» oder «Purple Moon» (siehe Rezepte). Das liegt nicht nur an der tiefen Promillegrenze, sondern vielmehr am veränderten Gästeverhalten: «Die Gäste leben gesundheitsbewusster», konstatierte erst kürzlich Kathrin Leisi, Präsidentin der Swiss Barkeeper Union, in GastroJournal (siehe GJ29/2018). «Mocktails sind sehr im Trend», bestätigt dann auch Adriano Volpe, Headbartender im Grand Hotel Les Trois Rois in Basel, «vor allem bei der internationalen Kundschaft.» Doch nicht nur für die Gäste sind Mocktails eine tolle Sache, auch für die Bartender, die Kreateure der Drinks. Denn Mocktails bieten neben einer besseren Marge als Cocktails vielmehr auch die Möglichkeit, spannende Geschichten zu erzählen. So bringt es Barkeeper Ivan Urech von der Atelier Classic Bar in Thun poetisch auf den Punkt: «Mocktails sind eine gute Gelegenheit, um sich kreativ im non-alkoholischen Bereich auszuleben und eine persönliche Note im Limonaden-Alltag zu gestalten.» Kreativität ist gefragt
Doch welche Mocktails ziehen bei den Gästen? «Besonders gut laufen jene Drinks, die mit frischen Kräutern, saisonalen Früchten oder Teeinfusionen zubereitet werden», hat Adriano Volpe bei der täglichen Arbeit beobachtet. Zudem spiele die Optik eine ganz wichtige Rolle, «denn ein Mocktail ist nicht bloss ein alkoholfreier Drink, es steckt viel mehr dahinter: Die Präsentation, die Dekoration, die Farbe, auch die Geschichte sowie die Emotionen des Barkeepers vervollständigen das Getränk», weiss Volpe. Es sei ganz klar Kreativität gefragt, bestätigt dann auch Ivan Urech: «Denn innovative, mit auserlesenen Zutaten hergestellte Mocktails spornen mehr zum Bestellen an als einfache Fruchtmixgetränke.» Als Tipps gibt Adriano Volpe seinen Kollegen zudem mit auf den Weg: «Es ist wichtig, dass man auf den Kunden eingeht und versteht, welche Zutaten zu ihm passen. Das Getränk muss also individuell auf den Kunden abgestimmt sein.» Auch die Tageszeit sei zu berücksichtigen: «Pre-Dinner-Mocktails sollten beispielsweise eher leicht und weniger süss sein.» Interessant seien Mocktails zudem auch als Alternative zum Orangensaft am Vormittag. Daneben könnten auch viele klassische Cocktail-Varianten als Mocktails präsentiert werden. «Seid einfach mal kreativ und sprengt bisherige Konventionen!», spornt Volpe weiter an. Wandel ist gefragt
Während alkoholfreie Getränke den Baralltag zwischenzeitlich erobert haben und einer der höchstdotierten Wettbewerbe in der Szene gar die Mocktailweltmeisterschaft in Prag ist, fristen «kreative» alkoholfreie Getränke sowie die alkoholfreie Essensbegleitung im Restaurationsalltag noch immer ein Stiefkind-Dasein. «Die alkoholfreie Begleitung ist in der Schweiz noch im Krabbelalter», bestätigt dann auch Nicole Klauss vom Büro für kulinarische Angelegenheiten, die sich seit Langem mit diesem Thema auseinandersetzt. «Die wenigen Köche oder Sommeliers, die sich damit beschäftigen, kann ich an einer Hand abzählen», führt sie weiter aus. Spontan fielen ihr da gerade einmal Tanja Grandits, Amanda Wassmer-Bulgin, Jennifer Kiessling, Pascal Haag sowie Vreni Giger ein. Und selbst während des St. Moritz Gourmet Festivals seien ihr zu exklusiven Speisen nur Rivella oder eben simples ­Wasser angeboten worden. Dabei gäbe es so viele tolle alkoholfreie Alternativen, die man einsetzten könnte und die auch finanziell interessant wären. Denn für ein Glas einer alkoholfreien Begleitung kann der Gastgeber schon mal 6 bis 10 Franken berechnen.

«Alkoholfreie Begleitung ist in der Schweiz noch im Krabbelalter.» Nicole Klauss
Bereits heute macht ein durchschnittliches Restaurant 15,3 Prozent seines Umsatzes mit dem Verkauf von alkoholfreien Getränken wie Kaffee, Tee und Mineralwasser, wobei die beste Warenmarge (Faktor 12,5) die heissen Aufgussgetränke erzielen. Ein Geschäft also, das nicht zu unterschätzen ist, und das der Gastgeber mit kreativen Variationen, gerade beim zumeist alkoholfreien Mittagsgeschäft, noch steigern könnte. Spannung ist gefragt
Folgende Tipps gibt Nicole Klauss den Gastgebern bei einer alkoholfreien Essensbegleitung mit auf den Weg: «Grundsätzlich gilt: Je spannender die alkoholfreien Getränke, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass der nichttrinkende Gast sich gegen ein Wasser und für eine alkoholfreie Begleitung entscheidet.» Vor allem im Januar, Stichwort #dryjanuary, und in der Fastenzeit sei der Wunsch auch beim normalerweise trinkenden Gast nach alkoholfreien Getränken grösser als beispielsweise in der Sommer- oder Winterzeit. Wichtig sei zudem, dass der Gastgeber kurz mit dem Gast klärt, ob allfällige Unverträglichkeiten vorliegen oder ob er einfach bestimmte Geschmackskomponenten ungern in seinem Glas haben möchte. «Beispielsweise mag nicht jeder Gast Ingwer, Fenchel, Essiggetränke wie Switchel oder Shrubs oder frischen Koriander», weiss Klauss. Pro Gang sollten zudem zwei verschiedene alkoholfreie Getränke angeboten werden: ein leichtes, beispielsweise eine Infusion mit Kräutern, sowie ein komplexeres Getränk, rät Klauss weiter. «Dann ist man auf der sicheren Seite.» Zudem liessen sich Infusionen gut vorbereiten und sorgten auch nicht für einen grossen finanziellen Ausfall, sollte am Abend etwas übrig bleiben. «Hierzu einfach das oder die hauptsächlich verwendeten Kräuter einen Abend vorher in Wasser ziehen lassen und im Kühlhaus lagern.» Varianten sind gefragt
Schon länger erfolgreich auf alkoholfreie Getränke setzt beispielsweise das Restaurant «LILY‘S» in Zürich und Basel. «Durch die Promillegrenze sowie den Trend zur gesunden Lebensweise ist ein breites und qualitativ hochstehendes Angebot an alkoholfreien Getränken unumgänglich», hält dort F&B-Manager Marko Banic fest. Die «LILY‘S»-Spezialität: hausgemachte Eistees. «Die passen hervorragend zu unseren Gerichten, sind vielfältig einsetzbar und können in diversen Geschmacksrichtungen und Variationen ­produziert werden», erzählt Banic. Momentan hätten sie fünf Standardeistees im Sortiment: einen Thai-­Schwarztee mit Vanille und Zitrone, einen Butterfly aus Anchanblüten und frischer Pfefferminze, einen Pu-Er-Bai-Ya-Weisstee mit Zitronengras, einen Cold-Brew-Eistee aus der ­Drachenfrucht mit Earl-Grey-Tee sowie einen Cold-Brew-Anchan-Wildblütenhonig Eistee mit Pokohara-Grüntee. Der Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt. «Wobei wichtig ist, dass als Basis für einen guten, spannenden wie auch speziellen Eistee frische und wenn möglich nicht alltägliche, qualitativ hochstehende Tees zu verwenden sind.» Als Tipp gibt das «LILY‘S» den Teeliebhabern mit auf den Weg, mutig und kreativ zu sein sowie auch einmal Produkte und Rezepte auszuprobieren, die auf den ersten Blick vielleicht unmöglich erscheinen. Mocktail
The Two Foxes

(Siegerdrink von Adriano Volpe bei den Schweizer Mocktailmeisterschaften 2018)
2 cl Roses Lime
3 cl Orangen-Passionsfrucht-Saft
2 cl Himbeerpüree
1 cl Limettensaft
1 cl Apple-Pie-Sirup
Geshaked und im Kristalltumbler mit ­Blumendekoration serviert. Alkoholfreier Drink
Gurkenshrub

2 grosse Gurken in Bioqualität davon 6 Gurkensticks – mit Schale – schneiden (zur Dekoration)
120 ml Apfelessig
100 ml weisser Balsamessig
120 mg Zucker
1/2 Teelöffel Meersalz
Gurken im Blender pürieren, durch ein feines Sieb in eine Schüssel giessen. Die Essige, den Zucker und das Salz dazugeben und so lange rühren, bis sich Zucker und Salz aufgelöst haben. Im Kühlschrank aufbewahren. Dann im Verhältnis von ca. 1:6 mit kaltem Mineralwasser aufgiessen und mit einer Zitronen-, oder Limettenscheibe und je einem Gurkenstick auf Eis servieren. Mocktail
Purple Moon

(kreiert von Ivan Urech)
1 EL Heidelbeer-Konfitüre
1 cl Lavendelsirup
2 cl Cranberrysaft
3 cl frischer Limettensaft
1/2 TL Rosa Pfeffer
3 Stengel frischer Thymian
1 cl Eiweiss (optional)
Alles auf viel Eis shaken, ins vorgekühlte Glas abseien, mit 4 cl Ginger Ale auffüllen, nochmals umrühren und mit einem Stengel Rosmarin und Orchideen dekorieren.