Es ist im Normalfall eine einfache Rechnung: Wenn GastroSuisse zu ihrem jährlichen Fondueessen im Kornhauskeller in der Berner Altstadt einlädt, dann folgen in der Regel zahlreiche Nationalrätinnen und Ständeräte dieser Einladung.
Unter Insidern wird der Anlass sogar als beliebtester Anlass des Jahres bezeichnet. Eine Mutmassung, die sich am Mittwochabend in aller Deutlichkeit zeigt. Gegen 90 Parlamentarierinnen und Parlamentarier – von der SP bis zur SVP – treffen sich mit den Kantonalpräsidentinnen und -präsidenten und dem Vorstand von GastroSuisse zum gemeinsamen Käserühren. Rekord, hört man an vielen Tischen. Ob es daran liegt, dass dieses Jahr die eidgenössischen Wahlen anstehen? Das Schweizer Fernsehen zeigt auf jeden Fall ebenfalls Interesse und heftet sich an die Fersen des Bundesratskandidaten und SP-Ständerats Daniel Jositsch.
GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer sagt bei seiner Eröffnungsrede mit seinem Berner Oberländer Humor: «Wir sind etwas enttäuscht, dass nur rund 90 Parlamentarier gekommen sind, haben wir doch mit 246 gerechnet.» Doch dann wird er ernst und spricht die Initiative Pret der Weltgesundheitsorganisation WHO an, welche die Staaten auf künftige Pandemien vorbereiten soll. An die Adresse der Parlamentarier appelliert der Kandersteger: «Ich möchte nicht über Corona sprechen. Aber rückblickend stelle ich fest, dass die Schweiz die Pandemie viel besser bewältigt hat als alle anderen umliegenden Länder. Das soll aber auch in Zukunft so bleiben.» Die WHO arbeite allerdings einen für die Mitgliedstaaten verbindlichen Vertrag aus. «Wenn dieser 1:1 übernommen wird, wird der Schweizer Weg so nicht mehr möglich sein. Seien Sie bitte achtsam und stellen Sie sicher, dass wir in diesem Punkt die Handlungshoheit nicht aus der Hand geben.»
In seiner kurzen Rede thematisiert Platzer ein weiteres aktuelles politisches Geschäft: «Sie können versichert sein, dass es beim heutigen Menü keine Entenstopfleber gibt. Aber der Nationalrat wird über ein Importverbot für Foie gras abstimmen. Ich bitte Sie, keine Verbotskultur zu unterstützen. Überlassen Sie den Entscheid den mündigen Bürgern. Ansonsten reisen die Gäste ins nahe Ausland, wo sich die Restaurants ins Fäustchen lachen.» Die Worte verfehlen ihre Wirkung nicht. Am Donnerstag entscheidet sich der Nationalrat mit 102 zu 78 bei 8 Enthaltungen gegen ein Importverbot.
Danach wünscht der GastroSuisse-Präsident allen geladenen Gästen einen geselligen Abend und «eh Guete». Die Anwesenden lassen sich im Kornhauskeller von Trockenfleischplättli, gefolgt von der Hausmischung Käsefondue aus der Käserei «Chäsbueb» und einer Dessertsinfonie verwöhnen und diskutieren bis spät in den Abend.