Tourismus

Grenzenlos schönes Schaffhausen

Peter Grunder – 10. Mai 2017
Grusswort von Hannes Germann, Ständerat für den Kanton Schaffhausen

«Es gibt Ereignisse, die eher Seltenheitswert haben. Wenn es erst noch erfreuliche sind, ist dies zweifellos ein Grund zur Freude. So gastiert der nationale Dachverband unserer professionellen Gastgeber, GastroSuisse, in Schaffhausen. Dieser ­Besuch kommt nicht nur zum richtigen Zeitpunkt, sondern die Aufwartung hat durchaus Symbolcharakter. Denn in unserem Kanton stehen wichtige Entscheide an, so unter anderem zum neuen Tourismus-­Gesetz. Die erste Auflage ist vom Volk bachab geschickt worden – aus welchen Gründen auch immer. ­Seither lebt Schaffhausen Tourismus sozusagen vom «Notrecht» – von der Hand in den Mund. «Tourismus – so what?», mag mancher hierzulande sagen. Vielleicht sogar der eine oder andere Beizer, der seine Stammkunden so oder so hat, auch ohne spezielle touristische Bemühungen. Mag sein, aber derartige Überlegungen greifen schlicht zu kurz. Denn letztlich ­bilden Tourismus und Gastronomie eine wirtschaftliche Symbiose, ­haben jede Menge Synergien. Sie sind sozusagen siamesische Zwillinge, deren Überleben direkt oder indirekt vom Wohlergehen des anderen abhängt. Schliesslich hat die Branche wesentliche Auswirkungen auf die übrige Wirtschaft. Denn boomen Tourismus und Gastronomie, geht es auch dem Bäcker, dem Bierbrauer, dem Getränkelieferanten, dem Detailhändler, der Bijouterie et cetera besser. Ja, selbst der Staat und die öffentliche Hand profitieren davon. Diese Zusammenhänge werden – auch von der nationalen Politik – oftmals verkannt oder zumindest unterschätzt.

«Tourismus und Gastronomie sind Aushängeschilder unseres Landes»
Tatsächlich gehört der Tourismus nach Chemie und Pharma, der Maschinen- und Elektroindustrie ­sowie der Uhrenbranche zu den Top vier der Schweizer (Export-)Wirtschaft. Unbestrittenermassen sind Tourismus und Gastronomie Aushängeschilder unseres Landes und der jeweiligen Regionen, ­deren ­Visitenkarte schlechthin. Denn was kann Menschen, die für ihr Business in die Schweiz kommen, Besseres passieren, als sich auch ausserhalb der Arbeitszeit rundum wohlzufühlen, fein zu essen, gut zu schlafen, optimal betreut zu ­werden? Dieses Bild, diese Visitenkarte tragen sie in die Welt hinaus. Mit Blick auf die eminente Bedeutung von Tourismus und Gastronomie hat Bundesrat Johann Schneider-­Ammann vor ein paar Tagen zum Auftakt des 5. World Tourism ­Forum in Luzern die Tourismus­vertreter zu mehr Pioniergeist aufgerufen. In unsicheren Zeiten wie heute sei der Tourismus wichtiger denn je. Da stimme ich voll und ganz mit unserem Wirtschaftsminister überein. Seine Worte in Gottes ­Ohr. Doch irritiert es dann umso mehr, als sich Bundesrat und Parlament immer wieder dagegen wehren, wenn es um die Gewährung gleich langer Spiesse für unser Gewerbe und unsere Tourismus- und Gastronomiebetriebe geht. So etwa beim Beherbergungssatz für die Hotellerie, wo man sich mit aller Kraft gegen den Sondersatz für Beherbergungsleistungen sperrt, obwohl die ausländische Konkurrenz diesen Vorteil auch hat. Der Nationalrat hat nun korrigiert und die 3,8 Prozent, statt für acht
«Der Nationalrat hat beim Beherbergungssatz nun korrigiert»
Jahre, fest und dauerhaft über- nommen und damit eine Differenz geschaffen, bei der sich der Ständerat hoffentlich anschliesst. Oder bei missbräuchlicher Nutzung der Markmacht durch Online-Buchungsplattformen wie booking.com. Oder wenn es darum geht, gegen überhöhte Importpreise (parlamentarische Initiative Altherr), also gegen die Abschöpfung der hohen Schweizer Kaufkraft durch ausländische ­Anbieter, vorzugehen. Diesbezüglich werden griffige Massnahmen oder Lösungen immer wieder mit fadenscheinigen Argumenten bekämpft. Mir jedenfalls ist aufgrund dieser Vertröstungs- und Beschwichtigungsorgien auf politischer Ebene der Kragen geplatzt. Darum gehöre ich dem Initiativ- komitee der auf eidgenössischer Ebene lancierten «Fair-Preis-Ini- tiative» an. Reichen jemandem diese Beispiele noch nicht aus, so sei neben der preistreibenden Regulierungswut
«Der Kaufkraftverlust liegt bei jährlich 10 bis 12 Milliarden Franken»
(z. B. Lebensmittelverordnung mit über 2000 Seiten, Stichwort «Largo») der Vollständigkeit halber noch auf den Einkaufstourismus verwiesen. Das war während Jahrzehnten in den Grenzregionen weder ein Problem noch volkswirtschaftlich relevant. Bis der Bundesrat auf die gloriose Idee kam, die Freigrenze einseitig pro Person und Tag auf 300 Franken (Befreiung von Zöllen und Mehrwertsteuer) zu erhöhen. Inzwischen liegt der Kaufkraftverlust bei jährlich 10 bis 12 Milliarden, und bei der Mehrwertsteuer fehlen dem Bund rund 500 Millionen pro Jahr. Doch Bundesrat und Verwaltung wollen diesen Schritt partout nicht rückgängig machen. Damit werden Konsumenten und Gewerbe in der Schweiz diskriminiert. Sie zahlen nämlich Mehrwertsteuer für die im Produktpreis enthaltenen Zölle. Der Weg von den politischen Sonntagsreden zu konkreten Massnahmen ist also noch weit. Gleichwohl gilt es für alle Branchen, aus den geltenden Spielregeln das Beste zu machen. Den besten Entscheid gefällt – jedenfalls in diesem Jahr –, hat auch GastroSuisse, indem sie sich für Schaffhausen als Tagungsort entschieden hat. Herzlich willkommen und einen unvergesslichen Aufenthalt in unserer grenzenlos schönen Region.»