Tourismus

An ihnen führt kein Weg vorbei

Johanne Stettler – 26. Oktober 2017
Die eigene Sichtbarkeit im Internet ­erhöhen? Ausgezeichnet! Doch Vorsicht: Influencer-­Marketing birgt einige Fallen.

Instagrammer, Youtuber, Blogger …Die Influencer sind heute allgegenwärtig. Die Meinungsmacher geniessen bei ihrer Community hohe Glaubwürdigkeit – die gross oder auch klein sein kann. Unter den ­Influencern befinden sich gänzlich unbekannte Leute wie auch internationale Stars, die ihre Follower über spezifische Themen (Mode, Reisen, Gastronomie, Videospiele, usw.) informieren. «Gegenüber den oft sehr austauschbaren und anonym wirkenden Marken treten die Influencer als Mensch in den Vordergrund und wirken dadurch authentischer», steht auf dem Informationsportal swissinfo.ch. Das Influencer-Marketing, ein Phänomen, das vor wenigen Jahren noch unbekannt war, nimmt stetig zu (+55% zwischen 2015 und 2016) und besitzt heute weltweit einen Wert zwischen 13 und 15 Milliarden Dollar, schreibt die Zeitschrift Bilanz. Gemäss einer in diesem Jahr von der Firma Reech durchgeführten Umfrage bei 800 französischen Influencern werben diese oft für Themen wie Reisen (36%) und Ernährung (33%), was für die Tourismusindustrie eine Chance darstellt. Der Influencer ist eine Einzelperson, die durch ihren Status oder ihre Medienwirksamkeit das Konsumverhalten beeinflusst und ihre Community dazu motivieren kann, ein Hotel, ein Restaurant oder eine Destination aufzusuchen. «Ein Influencer vermag eine Zielgruppe anzusprechen, die mit traditionellen Mitteln nicht mehr erreicht wird, insbesondere die Jugendlichen», erklärt David Labouré, Mitbegründer des auf Influencer-Marketing spezialisierten Unternehmens «Debout sur la Table» aus Vevey. «Die originellen und frischen Inhalte ermöglichen Betrieben und Destinationen, ihren Kommunikationsstil zu ändern. So entfernt man sich von Prospekten oder klassischer Werbung», führt er aus. Schweiz Tourismus hat die Bedeutung des Influencer-Marketings erkannt und in diesem Jahr seine Aktivitäten in diesem Bereich stark ausgebaut. «Ehrlich gesagt begannen wir aufgrund des grossen Medienrummels um dieses Phänomen mit Influencern zusammenzuarbeiten», erklärt Social Media Manager Fabian Reichle und bestätigt einen reellen Nutzen. «Die Influencer sind ein ausgezeichnetes Marketing­instrument, um ein neues Publikum zu erreichen. Sie entdecken die Schweiz auf persönliche und einmalige Weise – so wie wir es uns nicht ausdenken konnten – und davon zeugen auch ihre Inhalte.» Wie funktioniert die Zusammenarbeit? Sie basiert auf einem Gleichgewicht zwischen gewissen Anweisungen und nötiger Freiheit. «Damit die Inhalte authentisch sind, müssen diese Leute auf ihre ganz eigene Art testen und schreiben dürfen», sagt David Labouré. Deshalb sei es wichtig, den richtigen Ansprechpartner zu wählen. «Die Welt eines Bloggers oder Instagrammers muss zu den angestrebten Werten passen. Wenn Sie beispielsweise auf eine Jugendherberge aufmerksam machen wollen, ist es nicht ratsam, sich an einen Influencer zu wenden, der Inhalte für Luxushotels realisiert», warnt Kerstin Piotrowski, Cam- paign Manager beim Zürcher Unternehmen Kingfluencers. Eine hohe Abonnentenzahl kann sich auch als trügerisch erweisen. Einige Influencer zögern nämlich nicht, falsche Kommentare, Likes oder Follower zu kaufen. Es gilt also, Vorsicht walten zu lassen. «Zu Beginn muss man sich über die Community des Influencers informieren. Diese sollte der eigenen Zielgruppe entsprechen. Auch muss die Qualität der Mitglieder, der Kommentare und der publizierten Inhalte ­geprüft werden. Ein Influencer, der zwar nur wenige Abonnenten hat, aber sehr engagiert ist, kann je nach angestrebtem Ziel den Zweck erfüllen», sagt David Labouré. Ob die Influencer nun entlöhnt werden oder nicht, wichtig ist, sie zu einer Zusammenarbeit zu begeistern. Dabei ist eine gelungene Kontaktaufnahme für beide Seiten ausschlaggebend. Zu sagen: «Hallo, ich möchte gerne in die Schweiz kommen und schöne Fotos machen», reicht selbstverständlich nicht aus. «Die Influencer müssen sich anstrengen und uns überzeugende Ideen unterbreiten», erklärt Fabian Reichle. Die Walliser Destination Val d’Hérens erachtet es beispielsweise als selbstverständlich, sich von jeglichem kommerziellen Interesse zu distanzieren. «Wir machen uns nicht auf die Suche nach Bloggern. Die Kontakte entstehen ganz von selbst. Ausschlaggebend ist, dass die Influencer so leben wie wir und für ihren Beitrag nicht bezahlt werden. So entstehen glaubwürdige Texte, die den Einwohnern das touristische Potential ihrer Lebenswelt vor Augen führen», argumentiert Patricia Almeida, Botschafterin der Destination.