Andri Silberschmidt scaled 2022

Andri Silberschmidt / FDP-Nationalrat Zürich und Mitglied GastroSuisse

Es geht um die Wurst

Die «Strommangellage» könnte die Suppe der Gastronomie gehörig versalzen. Nach den Lockdowns der Pandemie wäre ein Strommangel ein weiterer schwerer Schlag für die Gastrobranche: Das Essen schmeckt warm nun mal besser, und ausser in innovativen Konzeptrestaurants wie der «Blinden Kuh» würden die Gäste kaum Freude haben, müssten sie im Dunkeln speisen. Natürlich wäre ein Strommangel für die ganze Wirtschaft verheerend, wurde er doch auch vom Bund in seiner Risikoanalyse als die grösste Gefahr für die Schweizer Volkswirtschaft erkannt.

Was machen wir also, um nicht bald im Dunkeln zu sitzen? Zunächst stellen wir fest: Die beste Vorbereitungsmassnahme auf die Strommangellage ist, diese zu verhindern. Es sind gute Neuigkeiten, dass wir in diesem Stromwinter voraussichtlich nochmal durchrutschen. Dies haben wir unter anderem dem zu verdanken, dass die Schweiz das gemacht hat, was sie am besten kann: Sie hat sich durchgewurstelt. Überraschend schnell wurde hier ein Gaskraftwerk gebaut, da eine Wasserkraftreserve gebildet und dort Notstromaggregate unter Vertrag genommen. Auch haben Herr und Frau Schweizer durch ein paar Prozent Stromeinsparungen geholfen, die Situation zu entspannen. Doch: Der nächste Winter kommt bestimmt und dieser wird aufgrund der ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland sicher nicht einfacher.

Um die Risiken kurzfristig in den Griff zu bekommen, sehe ich drei Prioritäten: Erstens müssen wir das Potential der Verbrauchsreduktionen besser nutzen. Der eingesparte Strom ist der günstigste Strom, weshalb der Bund auch Einsparungen bei Unternehmen «einkaufen» könnte. Zweitens müssen wir den Unternehmen die Flexibilität geben, auf Strommangel reagieren zu können. Der Handel mit Kontingenten ist momentan leider nur sehr eingeschränkt möglich, weil die über 650 Energieversorgungsunternehmen operationell überfordert sind. Und drittens müssten wir dringend das Krisenmanagement beim Bund verbessern, denn wie jeder Gastronom weiss: Zu viele Köche verderben den Brei. Nicht schaden könnte auch ein kleines Stossgebet Richtung Deutschland, dass Deutschland ihre Kernkraftwerke im April nicht wie angekündigt vom Netz nimmt, und Richtung Frankreich, dass ihre KKW am Netz bleiben.

Längerfristig ist es aber vor allem wichtig, dass wir genügend Energie zubauen. Denn sonst werden wir jeden Winter das grosse Zittern vor dem Zittern haben, und sowohl Klimaschutz als auch Ausbau unseres Wohlstands rücken in weite Ferne. Hier sind die Herausforderungen enorm: Bis 2050 muss die Schweiz Ihre Stromproduktion fast verdoppeln. Dafür braucht es eine radikale Beschleunigung der Verfahren und viel von allen Technologien. Denn bei allem gutschweizerischen Durchwursteln: Es geht in der Energieversorgung tatsächlich um die Wurst.