Ikuyo Hirakawa

Ikuyo Hirakawa

Das muss das Gastgewerbe über Mochi wissen

Im Gastkommentar erklärt Ikuyo Hirakawa, was es für eine Bewandtnis mit Mochi-Eis hat.

Mochi-Eis ist eine japanische Süssigkeit, die nun auch in der Schweiz bekannt ist. Das Original heisst «Yukimi Daifuku». Yukimi bedeutet Schneeschauen, Dai heisst gross, Fuku Glück. 1981 lancierte die japanische Firma Lotte die Spezialität mit dem süssen Mochi-Teig und roter Bohnenpastefüllung. Ähnliche Produkte haben sich in den letzten Jahren schnell verbreitet und sind heute selbst bei Coop oder Migros erhältlich – beispielsweise mit Geschmackssorten wie Mango, Matcha, Yuzu oder Schokolade. In Japan gibt es mehr als 50 Variationen.

Das finde ich toll. Was mich aber ein wenig stört, ist, dass die Leute es nur «Mochi» nennen. Obwohl der Produktname «Mochi-Eis» lautet, wird er oft mit «Mochi» abgekürzt. Heute ist Mochi zu einer gängigen Bezeichnung für eine Süssigkeit geworden, die Glace in diesem klebrigen Teig enthält. Als Mochi-Liebhaberin möchte ich Missverständnis ausräumen: Das echte Mochi ist anders. Original-Mochi verhärtet sich bei niedrigen Temperaturen. Es braucht den Mochi-Teig aus Zucker und Stärke, damit das verhindert werden kann. Allerdings besteht Mochi ursprünglich nur aus Klebreis und Wasser, und seine Konsistenz unterscheidet sich etwas von Mochi-Eis. Es dehnt sich wie Mozzarella aus, aber klebt auch an den Händen. Für Senioren besteht die Gefahr zu ersticken, wenn sie vor dem Schlucken nicht gut kauen…!

Zur Zubereitung wird gedämpfter Klebreis in einen grossen hölzernen Mörser gegeben und mit einem Stössel aus Holz zerstampft. Bei einem lokalen Mochi-Fest hebt ein muskulöser Mann einen schweren Stössel hoch, während eine Frau (die meist eine weisse Dreieckshaube trägt) Mochi mit ihrer nassen Hand schnell wendet. Frisch gestampfter Mochi ist noch warm und schmelzt im Mund.

Allerdings muss man Mochi nicht unbedingt frisch gestampft essen. Da ich nun aber in der Schweiz lebe, bleibt mir nichts anders übrig, als «Daifuku» selbst zuzubereiten. Im asiatischen Lebensmittelgeschäft kaufe ich Klebreis-Mehl, füge Wasser und Zucker hinzu, mische alles und schiebe es in die Mikrowelle. So entsteht der Mochi-Teig, mit dem wickle ich dann selbstgemachte Anko, die rote Bohnenpaste, ein. Ab und zu spiele ich mit Anko und gebe ein wenig Schoggi dazu. Nicht alle Gerichte mit Mochi sind süss. Es ist auch köstlich, wenn man geröstete Mochi in ein Algenblatt einwickelt und Sojasauce reinspritzt. Das Neujahrsgericht «Ozoni» ist eine klare Brühe aus Mochi, Poulet und Gemüse.

Zur Autorin

Ikuyo Hirakawa ist in der Präfektur Kanagawa im Süden von Tokio geboren und aufgewachsen. Von 1996 bis 2003 lebte sie in Italien, von 2003 bis 2006 in Schottland und seit Ende 2006 in Baselland. Nach verschiedenen Berufen wie Service in der Gastronomie, Kochhilfe, Verkauf, Aussenhandel, Dolmetscherin und Origami-Handwerkerin ist sie derzeit Pflegehelferin und Japanisch-Lehrerin. Seit 2003 schreibt sie Texte für japanische Zeitschriften und Websites. Das ist ihr erster Beitrag auf Deutsch.