Hotellerie

«Subjektiv gesehen sind die Eintrittshürden tief»

Christine Bachmann – 04. Oktober 2017
Thomas Fahrni, Leiter Gastro-Unternehmerausbildung bei GastroSuisse, spricht über Quereinsteigertum im Gastgewerbe

GastroJournal: Weshalb zieht gerade das Gastgewerbe Querein­steiger an?
Thomas Fahrni: Es ist wohl eine Kombination von mehreren Aspekten. Generell ist die Aussicht darauf, Gastgeber zu sein, für viele sehr attraktiv und sinnstiftend – und das ist es auch. Hinzu kommt, dass jeder schon einmal Gastgeber zuhause war und somit das Gefühl hat, die Anforderungen zu kennen, oder zumindest abschätzen zu können. Subjektiv gesehen sind die Eintrittshürden tief und das Angebot an Betrieben gross. Das zieht auch Menschen mit weniger berufsspezifischen Qualifikationen an. Quereinsteiger werden von den Branchenprofis meist eher skeptisch wahrgenommen. Zu recht oder unrecht?
Es geht primär nicht um recht oder unrecht. Bei differenzierter Betrachtung stelle ich fest, dass erfolgreiche Profis erfolgreichen Quereinsteigern gegenüber recht offen sind. Nicht erfolgreiche Profis sind Quereinsteigern gegenüber eher skeptisch. Und für erfolgreiche Profis können nicht erfolgreiche Quereinsteiger entweder egal sein, oder schlecht für das allgemeine Branchen-Image. Was raten Sie einem Quereinsteiger, der im Gastgewerbe Fuss fassen will?
Dass er sich die nötigen Kompetenzen holt, bevor er sich ins Abenteuer als Gastro-Unternehmer stürzt – das G1 Gastro-Grundseminar gilt immer noch als Branchenstandard, was die Qualifikation angeht. Denn zu Hause für Freunde zu kochen, reicht bei weitem nicht. Bevor man ins Gastgewerbe einsteigt, braucht es eine gute Idee mit Alleinstellungsmerkmal. Die Idee muss einem Gästebedürfnis entsprechen und aktuell sein. Ferner braucht es ein Konzept sowie einen Business­plan, rechtliche Aspekte müssen ebenfalls geklärt sein wie auch die gesetzlichen Anforderungen im Bereich Hygiene et cetera. Was kann ein Branchenprofi von einem Quereinsteiger lernen, beziehungsweise umgekehrt?
Im optimalen Fall einiges. Erfolgreiche Quereinsteiger haben oft unkonventionelle Ideen oder Herangehensweisen. Umgekehrt verfügen Branchenprofis über wertvolle, reflektierte Erfahrungen, fundiertes Know-how und ein gutes Netzwerk innerhalb der Branche. Welche Konzepte funktionieren bei Quereinsteigern besser, mit welchen Konzepten scheitern sie eher?
Unabhängig davon, ob Quereinsteiger oder Profi; es braucht eine gute Idee mit Alleinstellungsmerkmal, genügend Eigenkapital, echte Motivation und den Willen, etwas Gutes zu tun. Die Aufzählung ist natürlich nicht abschliessend. Inwiefern werden Ihrer Meinung nach die Quereinsteiger in den gastgewerblichen Branchen noch zunehmen, bedingt durch gelockerte Gesetzgebung?
Falls Prüfungsvorschriften ge­lockert werden, ist zu befürchten, dass noch mehr Leute quereinsteigen. Das ist insofern schlecht, weil es bei unserer Forderung nach einer Mindestqualifikation des Unternehmers um den Schutz von Konsumenten und Mitarbeitenden geht. Konsument und Mitarbeitende müssen geschützt sein vor Unwissen, der Qualität willen. Die Anzahl Marktein- und -austritte ist zudem stark konjunkturabhängig. Wir sind ja auch in einer komischen Branche. Selbst nach der x-ten Schliessung eines Lokals findet sich jemand, der meint, es besser machen zu können.