Hotellerie

Quere Wege ins Gastgewerbe

Christine Bachmann – 05. Oktober 2017
Es gibt sie, trotz aller Unkenrufe: Quer­einsteiger, die ihren Weg in der Gastronomie gegangen sind – fünf Geschichten.

Kafi Schnaps, Zürich: «Eigentlich war es purer Zufall, dass wir vor zehn Jahren das Kafi Schnaps eröffnet haben», erinnert sich Gastgeberin Jenny Seitz, die damals mit zwei Dekorationsgestalter-Kollegen und einem Marketing-Experten im Gastgewerbe

a Jenny Seitz«Für mich ist der Gastronomieberuf meine Zukunft»
Jenny Seitz
 Fuss fasste. Denn das Haus, in dem sich der Betrieb befindet, gehört der Familie von zwei der Gründungs-Mitglieder und sollte umgebaut werden. «Da dachten wir: Komm, wir machen ein Quartierlokal daraus, so etwas gibt es noch nicht.» Rückblickend sei die Aktion ziemlich blauäugig gewesen, denn sie hätten voll auf «learning by doing» gesetzt. «Wir hatten das Glück, dass wir mit unserem Konzept damals einen Nerv getroffen haben und uns die Gäste nicht nur überrannt, sondern uns in den Anfängen auch viele Fehler verziehen haben.» Heute würde Seitz,
a Katrin Naegeli «Wir wollten nicht blauäugig ­loslegen»
Katrin Nägeli
die zwischenzeitlich noch Teile des G1 absolviert sowie das G2 erfolgreich abgeschlossen hat, wohl nicht mehr so agieren. «Aber ich würde heute nochmals den Weg in die Gastronomie wählen, denn für mich ist sie meine Zukunft.» Seitz betont, dass sie es einfach schätze, ein Mini-Imperium mitzugestalten, Verantwortung zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass der Betrieb auch in Zukunft erfolgreich bleibt. Stef’s Kultur Bistro, Ostermundigen. Quereinsteigerin ist auch Stefanie Affolter (siehe GJ50/2014). Die ehemalige Optikerin führt seit einigen Jahren den Bistro-Betrieb, der konzeptionell auf kulturelle Events setzt. Fragt man Affolter, ob sie es je bereut habe, den Beruf so radikal zu wechseln, dann sagt sie: «In den letzten vier Jahren hat es keinen Moment gegeben, an dem ich nicht gerne in mein Lokal gefahren wäre. Ich liebe mein Sein als Gastgeberin mit allen Facetten und ich liebe die Vielfalt meiner einzelnen Gäste.»
a Stefanie Affolter
 «Ich liebe mein Sein als ­Gastgeberin»
Stefanie Affolter Hotel Kleiner Prinz, Huttwil: Bankerin, Marketingfrau, Tourismusdirektorin am Hasliberg und heute Gastgeberin im Hotel Kleiner Prinz in Huttwil: Das ist die Geschichte von Katrin Nägeli, die es mit 47 Jahren nochmals wissen wollte, das G1 bis G3 absolvierte, sich fachkundig beraten liess – «wir wollten nicht blauäugig loslegen» – und mit ihrem Mann sowie einem professionellen Team das Abenteuer Gastgewerbe wagte. Eine Entscheidung, die Höhen und Tiefen mit sich brachte. Trotz dieser Erfahrungen, bleibt auch Nägeli mit Überzeugung dem Gastgewerbe treu, «denn es fasziniert mich einfach extrem».  Bistrot Chez Marion, Zürich: Obwohl sie in der Gastronomie aufgewachsen ist, war es für Melanie Kern nicht von Anfang an klar, dass sie ebenfalls hier einsteigen würde, denn schulisch hatte sie zuerst einen anderen Weg eingeschlagen. «Während meines Kommunikations- studiums kam die Frage auf, ob ich mir vorstellen könnte, bei der Planung und Eröffnung des Chez Marion mitzuhelfen», erinnert sich Kern. Das tat sie dann und mehr: Seit 4,5 Jahren ist sie Geschäftsführerin des Zürcher Betriebes. Fragt man sie nach einer gastgewerblichen Ausbildung, so betont Kern, dass sie trotz Unterstützung ihrer Eltern (Anm. d. Red.: Nicolas und Sissi Kern) schnell
a Melanie Kern
«Ich bin in der Gastronomie gross geworden»
Melanie Kern
gemerkt habe, dass ihr ein gewisses Grundwissen fehle. «Leidenschaft alleine reicht nicht, um erfolgreich zu sein.» Deshalb habe sie sich dazu entschlossen, das G1 und G3 bei GastroSuisse zu absolvieren und damit ihr Wissensdefizit zu minimieren. Heute kann sie sagen: «Obwohl die Entscheidung, in den Familienbetrieb einzusteigen, nicht einfach war, habe ich es nie bereut.» Schloss Ueberstorf, Ueberstorf: Das Gastgewerbe anfänglich nicht im Fokus hatte auch Rosmarie Furer vom Schloss Ueberstorf. Denn eigentlich hätte nicht ein Hotel- und Tagungsbetrieb aus dem Schloss werden sollen,
a Rosmarie Furer «Ohne professionelles Know-how geht es nicht»
Rosmarie Furer
sondern vielmehr ein Kultur-Projekt zum Thema «Die Kunst des Lebens an sich». Aus finanziellen Gründen musste allerdings so schnell wie möglich eine Geldquelle her, «aus diesem Grund haben wir den Aspekt Kulinarik und Hotellerie dann forciert», erklärt Furer. Mit «learning by doing» begonnen, habe sie aber schon bald gemerkt, dass es ohne professionelles Know-how nicht geht, «deshalb habe ich noch die Ausbildung zur diplomierten Betriebsleiterin bei GastroSuisse absolviert». Trotz der Unkenrufe, dass ein Beherbergungsbetrieb an diesem Standort unmöglich überleben werde – mit einer Quereinsteigerin schon gar nicht – ist Schloss Ueberstorf inzwischen etabliert. Denn viele würden vergessen, «dass die Menschen bei jedem Neuanfang Quereinsteiger bleiben, denn sie wissen noch nicht, was auf sie wartet».