«Die Branche braucht kompetente Fachkräfte aus dem Ausland»

Oliver Borner – 21. September 2023
Vergangene Woche bremste der Ständerat die Lockerung des Ausländer- und Integrationsgesetztes. In der Hotellerie-Branche kommt das Zögern des Rats nicht gut an.

Noch im Juni stimmte der Ständerat für die Vorlage zur Lockerung des Ausländer- und Integrationsgesetztes, welche ursprünglich vom Nationalrat und Unternehmer Marcel Dobler der FDP St. Gallen eingereicht wurde. Diese sollte Arbeitskräften aus Drittstaaten mit einem schweizerischen Tertiärabschluss ermöglichen, einfacher in der Schweiz arbeiten zu können. Die von den eidgenössischen Räten an sich grundsätzlich gutgeheissene Lockerung des Ausländer- und Integrationsgesetzes ist damit wieder ungewiss. Denn der Ständerat änderte seine Meinung zur Vorlage letzte Woche und befürwortete einen Rückweisungsantrag an den Bundesrat der staatspolitischen Kommission. Diese argumentierte, eine neue Ausnahme von einer in der Bundesverfassung festgehaltenen Bestimmung sei nicht zulässig. Zudem sei es gar nicht nötig, eine neue Ausnahme zu schaffen, meinte Andrea Caroni, Präsident der Kommission. Denn die Höchstzahl der zulässigen Aufenthaltsbewilligungen werde Jahr für Jahr nicht erreicht.

Ausländische Arbeitskräfte sind wichtig

Über den Entscheid zeigt sich insbesondere das Gastgewerbe enttäuscht. Kein Wunder: Der Ausländeranteil aller Beschäftigten im Gastgewerbe betrug 2020 laut Bundesamt für Statistik (BfS) um die 46 Prozent. Arbeitskräfte aus dem Ausland sind für die Branche essenziell. Dementsprechend warnen Hoteliers und Gastronomen vor den Konsequenzen, die dieser Entscheid mit sich bringen könnte. «Schon heute sind viele Betriebe aus Mangel an Mitarbeitenden gezwungen, ihr Angebot und/oder ihre Öffnungszeiten zu kürzen», sagt Urs Bührer, Direktor des Bellevue Palace Grand Hotel in Bern. Diese Situation würde sich in Zukunft noch verschärfen, sollte nach dem Ständerat auch der Nationalrat dem Entscheid der Kommission folgen.

 

Urs Buehrer

Urs Bührer ist Direktor des Bellevue Palace Grand Hotels in Bern. (Bild: Gregoire Gardette)

Wie Nationalrat Dobler verweist auch Bührer darauf, wie wichtig es sei, junge, ausländische Fachkräfte mit schweizerischem Tertiärabschluss in der Schweiz zu halten. «Ich denke zum Beispiel an Hotelfachschülerinnen und -schüler aus dem asiatischen Raum, die ihre Ausbildung und Praktika hier in der Schweiz machen, und nach dem Abschluss unser Land jedoch auf Grund der Ausländerkontingente wieder verlassen müssen.» Bereits eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung um ein Jahr wäre für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. Unterstützung erhält er vom Branchenverband HotellerieSuisse. Die Integration von Drittstaatenangehörigen mit schweizerischem Abschluss stelle ein wirksames Mittel dar, Schweizer Betriebe gezielt mit hochqualifizierten und integrierten Fachkräften zu versorgen, heisst es in einer Mitteilung von Juni 2023. Bereits damals warb der Verband für die Annahme der Motion im Parlament.

Aus diesem Grund hofft Bührer, dass das Geschäft nochmals in den Ständerat kommt. «Das Geschäft ist ja noch nicht vom Tisch», sagt er. Gleichzeitig appelliert er an seine Berufskolleginnen und Kollegen: «Die Hoteliers und Gastronomen müssen den Volksvertretern aktiv aufzeigen, in welcher schwierigen Lage wir uns in Bezug auf gute Fachkräfte befinden und welchen Aufwand wir heute betreiben müssen, diese zu rekrutieren.» Die Vorlage geht nun in den Nationalrat. Wenn sich die grosse Kammer der Position des Ständerats anschliesse, werde der Bundesrat die Vorlage überarbeiten, versprach die zuständige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.