Gastronomie

In Zukunft wird geliefert

Cristina Bürgi – 11. Oktober 2017
Mit zunehmender Mobilität wächst auch der Markt für Convenience: Take-away und Home-Delivery erfahren eine rege Nachfrage.

In 10 Jahren hat es die ­Bestell-Plattform eat.ch auf 400 000 Kunden, 1700 Restaurant-Partner und rund 50 Mitarbeitende geschafft. Aus dem ehemaligen Start-up von drei St. Galler Studenten ist somit der Schweizer Marktführer im Bereich Essens-Lieferdienste geworden. Der Erfolg liegt aber nicht allein an den Verdiensten des eat.ch-Teams: Insgesamt ist der Markt für Home- Delivery und Take-out in der Schweiz in den ­letzten Jahren enorm gewachsen und wird derzeit auf je 1 Milliarde Franken geschätzt. Das grosse Potenzial der Heimlieferung ergibt sich durch den Wandel der Lebens­gewohnheiten. Heute arbeiten viele Menschen zu flexiblen Zeiten, und entsprechend flexibel sind auch ihre Essenspausen. Hinzu kommt, dass viele nach Hause pendeln und nach einer langen Fahrt keine Lust mehr auf Kochen haben. Da sie dennoch einen ruhigen Abend mit gutem Essen verbringen möchten, holen sie sich bei einem Restaurant ein Gericht «to go», oder bestellen es online. Aus der steigenden Nachfrage ergab sich schliesslich auch ein breiteres Angebot für die Lieferdienste. Gemäss Dominic Millioud, Geschäftsführer von eat.ch, konnten sie früher hauptsächlich Kebab-Im­bisse und Pizzerien für eine Partnerschaft begeistern, während heute vom gutbürgerlichen Restaurant bis zum indischen Lokal diverse Partner vertreten sind. So bestellen die Nutzer derzeit besonders gerne Hamburger und asiatische Speisen. In den letzten vier Jahren konnte zudem der Anteil an gesundem Essen (Salate, Suppen etc.) auf der Plattform verdoppelt werden, auf aktuell 30 Prozent des Angebots. Trotz Erfolg möchte sich die Plattform eat.ch nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Seit 2015 gehört sie dem britischen Unternehmen «Just Eat», das an der Börse kotiert ist. Mit diesem möchte eat.ch gemäss Millioud «zur grössten Food-Community der Welt» werden. Mit diesem Ziel arbeitet es an alternativen Lieferformaten und einem grösseren Angebot. Dafür hat das Unternehmen unter anderem den «restaurant delivery service» (RDS) ins Leben gerufen: Bislang waren Restaurants für die Auslieferung der Gerichte selbst zuständig, mit RDS können diese künftig aber von Just Eat-Angestellten abgeholt und geliefert werden. Auch der Einsatz von Robotern ist im Gespräch. Für Restaurants gilt, sich eine Partnerschaft mit den Lieferdiensten gut zu überlegen. Dabei spielen der Standort, aber auch die Ressourcen eine Rolle: Ist genügend Personal und Platz vorhanden, um zusätzliche Bestellungen zu verarbeiten? Kann garantiert werden, dass die Restaurant-Gäste deswegen nicht länger auf ihr Essen warten müssen? Hier fällt auch die Speisekarte ins Gewicht, denn nicht jedes Gericht eignet sich für den Transport. So ist es zum Beispiel schon im Restaurant nicht ganz einfach, ein Steak saftig und mit der richtigen Temperatur an den Tisch zu bringen. Dieses aber mehrere Minuten in einer Kunststoffverpackung bis zur gewünschten Adresse zu liefern, ist für die Qualität alles andere als förderlich. Restaurants, die sich aus den besagten Gründen eine Zusammenarbeit mit Lieferdiensten nicht vorstellen können, müssen sich jedenfalls keine Sorgen machen: Gemäss dem Zürcher Gastronom Rudi Bindella Junior sind die Plattformen keine gefährliche Konkurrenz: «Menschen kommen zum Essen immer noch sehr gerne zusammen», sagte er in einer Diskussionsrunde anlässlich des Jubiläums von eat.ch. Und genau das ist die Stärke der Restaurants: Sie bieten den gemütlichen, sozialen Rahmen für gute Gespräche und gutes Essen.