Gastronomie

Die Jungen an den Tisch bringen

Daniela Oegerli – 22. November 2018
Was steckt dahinter, wenn eine neue berufliche Grundbildung entsteht? Das Beispiel Grundbildung Restaurantfachfrau/-mann EFZ.

Martina Wick, amtierende Schweizermeisterin in der Kategorie Res­tauration, hat ihre Ausbildung im Betrieb Gaststuben zum Schlössli in St. Gallen absolviert. An den diesjährigen SwissSkills setzte sie sich gegen elf andere Berufsleute durch – sie hat augenscheinlich eine ausgezeichnete Ausbildung genossen. Dennoch muss jede Grundbildung, egal, wie gut sie ist, regelmässig den sich verändernden Bedürfnissen angepasst werden. Die OdA (Organisationen der Arbeitswelt), haben die Aufgabe, die Grundbildungen in regelmässigen Abständen zu überarbeiten. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) des Bundes gibt die einzelnen Schritte bei der Entwicklung eines neuen Berufes und bei der Überarbeitung eines bestehenden Berufes vor. Für die Verantwortlichen bedeutet eine solche Reform einen grossen Aufwand in personeller und zeitlicher Hinsicht. Der Gesamtarbeitsgruppe Revision Restauration gehören 13 Personen an. «Der Vorstand der Trägerverbände schlägt uns jeweils Personen vor, die er für so eine Aufgabe als geeignet erachtet», erklärt Martin Schönbächler, stellvertretender Direktor bei Hotel&Gastro formation Schweiz. Die Arbeitsgruppe setzt sich jeweils aus Fachleuten aus der Praxis, Berufsfachlehrpersonen, ÜK-Instruktoren und anderen Fachpersonen zusammen. Die Gruppe hat Mitte 2016 mit ihrer Arbeit begonnen, und im kommenden Sommer geht die überarbeitete Grundbildung an den Start. «Ich habe gestaunt, wie lange es dauert, bis so eine Berufsrevision umgesetzt ist», hält Daniela Segmüller fest, Inhaberin der Segmüller Collection in Zürich und Mitglied der Arbeitsgruppe. Alle Interessen und Bedürfnisse der drei verschiedenen Lernorte Betrieb, Berufsschule und ÜK unter einen Hut zu bringen, erachtete sie als grosse Herausforderung bei der Arbeit in der Gruppe. «Die Diskussionen unter den Fachleuten waren gewinnbringend, und wir fanden immer einen Konsens.» Sie hätte es aber begrüsst, wenn noch mehr Personen aus der Praxis involviert gewesen wären. Damit eine OdA überhaupt finanzielle Unterstützung des Bundes erhält, müssen sich die Verantwortlichen an sechs definierte Vorgehensschritte halten. Diese fangen mit der Analyse des bestehenden Berufes an und hören mit der Umsetzung der neuen Grundbildung auf. Um zu analysieren, welche Grundbildungen der Markt braucht, führte Hotel&Gastro formation Schweiz eine Online-Umfrage durch. Die Fragen dazu legte die Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität fest. «Den Rücklauf von 16 Prozent der Befragten können wir als einen Erfolg verbuchen», resümiert Martin Schönbächler. Ein wichtiges Ziel der Arbeitsgruppe war es, die Attraktivität der Grundbildung Restaurationsfachfrau/-mann EFZ zu steigern. Um dieses zu erreichen, haben die Verantwortlichen vier Ergänzungskompetenzen eingeführt (siehe Interview unten). Diese sollen das Handwerk aus dem betrieblichen Angebot heraus speziell fördern. «Das haben wir zwar bis jetzt auch so gemacht», ergänzt Schönbächler. Damit erhalte das betriebliche Angebot aber einen definierten Rahmen – dies erleichtere die Ausgestaltung der Bildung in der beruflichen Praxis. In diesen Ergänzungskompetenzen sieht Daniela Segmüller eine grosse Chance. Sie bildet selber Lernende aus und sieht in der Grundbildung Restaurantfachleute sehr viel Potenzial. «Meiner Meinung nach hat der Beruf nicht den Stellenwert, den er verdient hätte.» Sie ist davon überzeugt, dass es kaum eine bessere Erstausbildung gibt als diese. Die Ergänzungskompetenzen sollen dazu führen, dass die Jungen ihren Begabungen und Vorlieben entsprechend eine Ausbildung absolvieren können. Für sie haben diese Kompetenzen auch Vorteile für die Betriebe selber: Man könne das Angebot entweder ausbauen oder professionalisieren. Den Mitgliedern der Arbeitsgruppe war es ein Anliegen, den Beruf moderner zu gestalten und damit mehr junge Menschen dafür zu begeistern. «Die dreijährige Grundausbildung soll trendorientierter daherkommen und mehr dem Zeitgeist entsprechen», resümiert Daniela Segmüller. Ihr Wunsch ist es, dass es den Verantwortlichen gelingt, den Jugendlichen aufzuzeigen, welche Chancen eine Grundbildung in der Gastronomie bietet. Der Gastgeberrolle mehr Gewicht geben Daniel Jung, Leiter Berufsbildung bei GastroSuisse, erklärt, was bei der Grundbildung Restaurationsfachleute und Restaurationsangestellte neu ist. GastroJournal: Welches sind die wichtigsten Neuerungen bei der Grundbildung? Daniel Jung: Am augenfälligsten ist der Name: Es heisst nicht mehr Res­taurationsfachleute, sondern Restaurantfachleute beziehungsweise Restaurant­angestellte. Dann war unser Ziel, das Profil zu schärfen, damit sich wieder mehr junge Menschen für diesen Beruf entscheiden. Wie haben Sie das erreicht? Indem wir die Gastgeberrolle als Selbstkompetenz ins Zentrum stellen. Die angehenden Restaurantfachleute müssen sich beispielsweise professionell in stressigen und ungewohnten Situationen zurechtfinden. Und wie sieht es bei den Fachkompetenzen aus? Die fachlichen Inhalte haben wir mit vier Ergänzungskompetenzen angereichert. Das heisst, die Lernenden können sich als Jung-Barista, als Jung-Barkeeper, als Jung-Sommelier oder als Jung-Chef de Rang spezialisieren. Welche Richtung sie einschlagen, gibt der Betrieb vor. Warum hat man sich für diese Ergänzungskompetenzen entschieden? Wie schon erwähnt, um die Profile der Grundbildung zu schärfen. Die jungen Berufsleute sollen sich von Quereinsteigern abheben, indem sie über grosse Kompetenz verfügen. Unser Ziel ist es, für das traditionelle Gastgewerbe einen Mehrwert zu schaffen. Der Beruf der Restaurantfachleute muss wieder attraktiv werden. Denn der Fachkräftemangel ist ein substanzielles Problem für die Branche. Können Sie die einzelnen Ergänzungskompetenzen noch etwas präzisieren? Beim Jung-Sommelier sollen Bier und Wein sowie Foodpairing denselben Stellenwert erhalten. Nur mit umfassendem Wissen kann man gut beraten. Der Jung-Barista entspricht dem Zeitgeist. Kaffee und Tee sind aktuelle und relevante Themen. Beim Jung-Barista leiten wir die Themen aus der Veranstaltung Hochgenuss ab, organisiert von GastroSuisse. Herkunft und Handwerk fliessen unmittelbar in den Beruf hinein. Die Lernenden sollen den Gästen Geschichten erzählen können. Der Jung-Chef de Rang muss in der Lage sein, vor dem Gast Speisen zuzubereiten. Und beim Jung-Barkeeper muss man, wegen des Alters, später in der Ausbildung ansetzen. Auch hier haben der Verkauf und das Handwerk einen hohen Stellenwert.

«Unser Ziel war es, das Profil zu schärfen»
Welche positiven Effekte verspricht man sich von dieser Revision? Der Beruf soll durch die Neuerungen attraktiver werden. Ausserdem sollen die Restaurantfachleute sowie die -angestellten die digitalen Prozesse wie Reservation oder Bewertung kennen und nutzen. Die Hotellerie ist in diesem Bereich viel weiter. Wenn in der Restauration solche Prozesse beschleunigt werden können, bleibt viel mehr Zeit für den Gast und dessen Betreuung. An wen müssen sich Gastronomen wenden, die weitere Informationen wünschen? Ab Januar 2019 finden bei Hotel&Gastro formation Schweiz in Weggis Informationsveranstaltungen für die Vertreter der dezentralen Standorte von Hotel&Gastro formation Schweiz statt. Und ab Februar 2019 informieren sie die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner vor Ort in den Kantonen. www.gastrosuisse.ch www.berufsbildner-gastgewerbe.ch