Internationale Barszene trifft sich in Zürich

Oliver Borner, Nicole Steffen – 31. Mai 2024
Bereits zum zweiten Mal fand die «Zurich Bar Show 2024» statt. Während zwei Tagen konnten die Gäste in der Bar des Hotels Widder in Zürich spannende Workshops und Referate zu aktuellen Themen und Trends besuchen.

Der Blick in die aktuelle Liste der World's 50 Best Bars zeigt es eindrücklich: Die Schweizer Barszene sorgt international kaum für grosses Ansehen. Keine Schweizer Bar hat es ins aktuelle Ranking der besten 50 Bars der Welt geschafft. Auch in der allgemeinen Wahrnehmung steht die Schweiz nicht dafür, Bar-Hotspot zu sein.

Um die Aufmerksamkeit sowohl national als auch international zu steigern, lancierte Armin Azadpour, der in Frankfurt die Hunky Dory Bar und in Zürich die Lupo Bar mit zwei Partnern betreibt, im letzten Herbst die erste Zurich Bar Show. Am vergangenen Montag und Dienstag fand nun unter dem Motto «Hospitality Get Together» in der Widder Bar in Zürich die zweite Ausgabe statt.

Während tagsüber insgesamt an 24 Seminaren und Workshops im Obergeschoss der Widder Bar über spezifische Bar-Themen gesprochen wird, übernehmen später die auswärtigen Bartenderinnen und Bartender das Zürcher Nachtleben. In Kooperation mit der Spirituosenindustrie leiten sie die Tresen zahlreicher Bars, darunter unter anderem die Tales Bar, die Cinchona Bar, die Waiana Tikibar, das Late Bloomers, die Bar Lupo und die Widder Bar bei der After Party am Montagabend.

Wolfgang Mayer, Bar-Manager in der Widder Bar, ist Co-Initiant und Mitorganisator der «Zurich Bar Show». Im Interview mit dem GastroJournal spricht er über die zweite Ausgabe und über die Schweizer Barszene.

Wieso organisieren Sie eine Barshow in Zürich?
Wir haben ein primäres Ziel: To bring people together.

 

Wo haben Sie sich dazu inspirieren lassen?
Wir wollen eine eigene Barshow kreieren und nicht einfach kopieren, was es auf der internationalen Landkarte bereits gibt. Wir haben schon viele Barshows gesehen, in Berlin, Rom und New Orleans.

 

Was machen Sie anders?
Wir bleiben familiärer, kleiner und legen den Fokus auf die Workshops. Andere Barshows präsentieren sich wie eine Art Messe, mit grossen Ständen von den Sponsoren. Das wollen wir nicht sein.

 

Was macht die Barshow aus?
Wir haben ein gutes Line-up und spannende Workshops, international wie international. Bei uns ist alles dabei, von guten Bartenders bis hin zu guten Chefs und Sommeliers. Stefano Petta, Director of Wine beim Living Circle und ehemaliger Restaurant Manager und  Sommelier im Widder Restaurant in Zürich, erklärt beispielsweise in seinem Workshop, welcher Wein aus welchem Glas getrunken werden sollte und warum.

 

Was sind derzeit die wichtigsten Themen oder Trends der Branche?
Nachhaltigkeit und weniger Alkohol.   

 

Weniger Alkohol?
Der Trend geht klar in Richtung alkoholfrei oder Drinks mit weniger Alkohol. Mir persönlich sind diese Drinks aber oftmals noch zu süss. Deshalb entwickeln wir verschiedene Konzepte, damit diese auf dem Markt attraktiver werden. Es muss nicht immer gleich schmecken und aussehen wie die Drinks mit Alkohol. Es lohnt sich hier auch mit frischen Kräutern oder Gewürzen zu arbeiten und eigenständige Drinks zu kreieren.

 

Nachhaltigkeit ist ein grosses Wort. Wie wird das in einer Bar umgesetzt?
Weniger Plastik und Glas und die Weiterverwertung von Zutaten stehen hier im Fokus.

 

Geben Sie uns ein Beispiel!
In unseren Drinks brauchen wir viele Zesten (Orangen und Zitronen). Diese werfen wir nicht einfach weg, sondern produzieren daraus einen Oleo saccharum. Oleo Saccharum steht lateinisch für «Ölzucker». Für dessen Herstellung werden Zesten und Zucker in einem verschliessbaren Gefäss vermischt und zerdrückt. Danach zieht die Masse für mindestens 24 Stunden verschlossen in einem Gefäss. Gelegentliches Rühren wird empfohlen. Nach der Ziehzeit hat der Zucker im besten Fall so viel Öl aufgenommen, dass er die Konsistenz eines krümeligen Breis hat. Dann werden die Zesten vom Zucker getrennt und fertig ist der Ölzucker. Dieser fertige Oleo Saccharum (Ölzucker) kann als klassisches Süssungsmittel für zahlreiche Drinks, Cocktails und Punches verwendet werden.

 

Zwei Tage Bar Show mit spannenden Workshops und Aussteller mit neuen Produkten. Was gibt es sonst noch zu sehen?
Am Sonntag ging es bereits los mit zwei drei Events, Guest-Shift im Lupo beim Armin, im Helvetia hatten wir einen schönen Nachmittagevent mit den Jungs von Istanbul und die offizielle Eröffnungsparty fand im 25 Hours Hotel in Zürich statt, wo sechs Bartender von Zürich mixten. Die Speaker vom Tagesprogramm haben dann am Montag- und Dienstagabend Guest-Shifts in verschiedenen Züricher Bars gemacht.

 

Ihr Ziel ist es, Zürich auf dem internationalen Plateau bekannt machen. Was zeichnet die Schweizer Barszene aus?
Ich würde behaupten, dass wir, was Hospitality und Service betrifft, definitiv mit dem Ausland mithalten können, wenn nicht vielleicht sogar besser sind. Die Schweiz und Österreich stehen für eine herzliche Gastfreundschaft. Wir haben so viele gute Hosts bei uns. Zum Beispiel Dirk Hany von der Bar am Wasser in Zürich, Wolfgang Bogner von der Tales Bar in Zürich oder Christian Heiss von der Kronenhalle Bar in Zürich. Wir haben so eine gute Hospitality. Das wird unterschätzt. Ich kennen viele gute Bars weltweit, doch da hat man nicht die gleiche Servicequalität wie in der Schweiz.

 

Was macht für Sie einen guten Service in einer Bar aus?
Aufmerksamkeit ist das A und O. Aber es wird immer schwieriger, gute Leute zu finden. Deshalb versuchen wir, mit der Zurich Bar Show mehr Aufmerksamkeit auf die Branche zu lenken und das Interesse bei den jungen Leuten für den Beruf zu wecken, damit die sehen, wow, das ist eine tolle Branche und ein cooler Beruf.

 

Was macht diese Branche und die Berufe so attraktiv?
Man lernt über die Jahre Menschen aus der ganzen Welt kennen. Ich kann jetzt mit gut 40 Jahren behaupten, dass ich Kontakte in jeder grösseren Stadt weltweit habe. Und wenn ich irgendwo in den Ferien bin, dann schreibe ich denen und wir gehen etwas essen oder trinken zusammen. Das ist einfach schön.