Nur etwa ein Drittel der Bergbahnunternehmen könne die «zukünftig anstehenden Ersatz- investitionen aus eigener Kraft finanzieren, falls sich die Ertragskraft nicht verbessert». Zur Finanzierung von «substanziellen Erweiterungsinvestitionen» wiederum seien in Zukunft «nur etwa 10 Prozent bis maximal 15 Prozent der Unternehmen in der Lage.» Dieses beunruhigende Fazit zog nicht die Studie, die von der Hochschule Luzern Anfang November veröffentlicht worden ist. Vielmehr hatten die Forscher um Philipp Lütolf (vgl. unten) schon vor gut zwei Jahren in einer analogen Untersuchung die unerfreuliche Bilanz gezogen. Und zwei Jahre zuvor hatte es auch nicht viel besser ausgesehen: Gegenüber der ersten Untersuchung von 2012 sei «der Anteil der ungenügenden Werte deutlich gestiegen», macht Lütolf im jüngsten Bericht klar. Das aktuelle, überaus dichte, knapp 40 Seiten umfassende Papier bezieht sich auf jene knapp 50 Schweizer Bergbahnunternehmen, die ihre Jahresrechnungen veröffentlichen und über eine Million Franken Jahresumsatz schreiben. Diese Gruppe widerspiegelt mit einem Betriebsertrag von etwa 1,1 Milliarden Franken über 90 Prozent der ganzen Schweizer Bergbahnbranche. Die gut 600 Anlagen, die zur untersuchten Gruppe gehören und einen Anschaffungswert von rund 7,7 Milliarden Franken repräsentieren, machen allerdings höchstens 30 Prozent aller Bahnen und Lifte in der Schweiz aus. Klar ist damit zum einen, dass es «hierzuberge» enorm viele sogenannte «Bauernlifte» gibt. Sie stellen in der Regel einen Nebenerwerb oder eine Leidenschaft ihrer Eigentümer und Betreiber dar, sind aber gleichzeitig unverzichtbar: als Angebote ihrer Einzugsgebiete und als Sprungbretter für Wintersport. Die finanzielle Schräglage der ausgewiesenen Bergbahnunternehmen verschlimmert zum anderen die Gesamtsituation. Die Talsohle ist laut Lütolf praktisch erreicht: «Hoffnung für die nächsten Jahre machen der leicht erstarkte Euro sowie die Tatsache, dass die meteorologischen Bedingungen gegenüber den letzten zwei bis drei Jahren fast nicht mehr schlechter werden können.» Allerdings ist zu differenzieren. In der letzten Saison sei aufgefallen, dass die Bergbahnunternehmen mit hoher Marge über dem Mehrjahresdurchschnitt oder zumindest nahe dran lägen. Umgekehrt liege bei Unternehmen mit tiefer Marge der Wert der letzten Saison in einigen Fällen «deutlich unter den Mehrjahresdurchschnitten». Lütolfs Fazit: «Es scheint, dass die ‹Schwachen› noch schwächer geworden sind. Die Starken konnten sich hingegen besser halten beziehungsweise weiter verbessern.» Der Blick auf die Pisten bestätigt den Eindruck: In den letzten Wintern konnte nur einigermassen mithalten, wer über beachtliche Grösse, Höhenlage und Beschneiungskapazität verfügte. Das gilt nur für einen Bruchteil der grösseren Schweizer Bergbahnen (s. Grafik):
- Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre weisen 57 Prozent der Stichprobe eine ungenügende Kosteneffizienz (EBITDA-Marge) auf, welche in Zukunft nicht zu einer eigenständigen Finanzierung der Investitionen ausreicht. Vor fünf Jahren waren es noch 35 Prozent gewesen.
- Hinsichtlich der Kapitalrendite, die eine umfassendere Lagebeurteilung ermöglicht, sind im Fünfjahresschnitt inzwischen volle 70 Prozent ungenügend, vor einem halben Jahrzehnt waren es erst 44 Prozent gewesen.
Bahn und Gastgewerbe Ein zwiespältiges Fazit zieht die Bergbahnstudie von Philipp Lütolf hinsichtlich dem Gastgewerbe am Berg: «Es ist ein klarer negativer Zusammenhang zwischen EBITDA-Marge und Gastronomie-Anteil ersichtlich.» Der Grund liegt auf der Hand: die hohe Waren- und Personalintensität des Gastgewerbes im Vergleich mit dem Verkehrsgeschäft der Bahnen. Das ist aber auch eine Chance, die man etwa am Säntis (Foto) oder dem Niesen packt. Das Gastgewerbe bindet nämlich in der Regel «weniger Kapital als das Verkehrsgeschäft». Bei der Marge sind Bahnen mit gastgewerblichen Aktivitäten also eher im Nachteil, bei der wesentlichen Kapitalrendite gleichen sich Vor- und Nachteile hingegen in etwa aus – immer vorausgesetzt, es wird professionell gearbeitet. |
Bergbahnkenner Philipp Lütolf, Professor am Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern, dürfte den besten Überblick über die Bergbahnunternehmen in der Schweiz haben. Seit Jahren publiziert er dazu, die Anfang November veröffentlichte Studie ist nicht die erste. Im Zusammenspiel mit den Arbeiten des Genfers Laurent Vanat, der die Branche international im Auge hat, und dem Monitoring des Branchenverbandes Seilbahnen Schweiz (SBS) ergibt sich so ein recht umfassendes Bild. Es zeigt die Schweiz zwar als qualitativ hochstehende Destination mit einer Reihe internationaler Perlen. Finanziell jedoch kann die Branche in der Schweiz seit Jahren insgesamt nicht aus eigener Kraft weiterfahren. www.hslu.ch |