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Andri Silberschmidt

Königsweg Sozialpartnerschaft

Neuenburg, Genf, Winterthur oder die Stadt Zürich – immer mehr Kantone und Gemeinden beschliessen kantonale oder kommunale Mindestlöhne. Diese können im Widerspruch zu nationalen Gesamtarbeitsverträgen stehen. Unternehmen sind verunsichert. Was soll in Zukunft gelten?

Dank dem liberalen Arbeitsmarkt und der erfolgreichen Zusammenarbeit der Sozialpartner zeichnet sich die Schweiz durch ein sehr hohes Lohnniveau sowie durch eine tiefe Arbeitslosigkeit aus. Im Ausland beobachten wir genau das Gegenteil: Überall dort, wo der Staat übermässig in den Arbeitsmarkt eingreift, ist die Arbeitslosigkeit höher und die Löhne sind tiefer als in der Schweiz. Zunehmende staatliche Lohnvorgaben sind ein Eigengoal und vermindern den Wohlstand des Mittelstandes. Die Sozialpartnerschaft ist unbestritten der Königsweg.

Für mich ist deshalb klar: Von den Sozialpartnern ausgehandelte und vom Bundesrat für allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge müssen vor kantonalen und lokalen Bestimmungen immer Vorrang haben. Eine Übersteuerung national geltender und allgemeinverbindlicher Gesamtarbeitsverträge durch kantonale Bestimmungen würde dazu führen, dass die Sozialpartner kaum mehr einen Anreiz haben, nationale Bestimmungen auszuhandeln.

Dabei geht es bei Gesamtarbeitsverträgen um mehr als nur den Lohn. Sie beinhalten oft Bestimmungen zu Arbeitsbedingungen, Ferien und auch Entwicklungsmöglichkeiten. Kantonale oder sogar kommunale Lohnvorgaben führten dazu, dass Gesamtarbeitsverträge nicht mehr aktualisiert würden. Das ist nicht im Interesse der Arbeitnehmenden.

Darüber hinaus führten die zunehmenden lokalen und kantonalen Bestimmungen auch zu einer immer grösseren Bürokratie für überregional tätige Betriebe, da sie stets einen aktuellen Überblick über die lokalen Arbeitsbestimmungen haben müssten.

Die Schweiz hat bewusst ein nationales Arbeitsrecht geschaffen und darauf verzichtet, in jedem Kanton ein anderes Arbeitsrecht zu verabschieden. Aus all diesen Gründen ist es entscheidend, dass die nationalen Gesamtarbeitsverträge immer Vorrang haben. Ansonsten wird es sie in Zukunft kaum mehr geben.

Dieser Ansicht ist auch das Parlament, weshalb es den Bundesrat vor zwei Jahren damit beauftragte, die Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen zu schützen. Konkret schlägt der Bundesrat nun vor, dass Bestimmungen über Mindestlöhne in Gesamtarbeitsverträgen auch dann als allgemeinverbindlich erklärt werden können, wenn sie kantonalem oder kommunalem Recht widersprechen. Ganz nach dem Motto: «Wenn man gesamtschweizerische Abmachungen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite trifft, dann gelten diese.»