Familien im Fokus – ein ­Erfolgskonzept in Braunwald

Nicole Steffen – 30. April 2025
Je kleiner die Destination, desto wichtiger sei die Positio­nierung, sagt Patric Vogel, Gastgeber im Märchenhotel in Braunwald GL. Er und seine Frau Nadja haben sich für die Zielgruppe Familien entschieden. Mit Erfolg.

Die Zielgruppe Familien kommt vor allem wegen des Angebots im Hotel nach Braunwald, erklärt Patric Vogel (44), Gastgeber des Märchenhotels. Er und seine Frau Nadja Vogel (46) haben das Märchenhotel im Glarnerland von seinen Eltern übernommen. «Mit einer klaren Positionierung wird man eher gefunden, das hat schon mein Vater immer gesagt», so Vogel. Ob die Positionierung nun auf Familien, Wellness, Seminar oder Wanderferien ausgerichtet ist, sei dabei eigentlich egal, führt der Hotelier aus. Wichtig sei vor allem die klare Ausrichtung. Gerade in kleinen und unbekannten Destinationen sei die Positionierung der einzelnen Hotels sehr hilfreich. «Bei grossen Zielen besuchen die Leute die Destination. Bei kleinen Destinationen gehen die Leute in das Hotel», so Vogel weiter.  

Die Positionierung bringt nicht nur Vorteile
Selbstverständlich bringe eine klare Positionierung auch Nachteile mit, urteilt der Hotelier. Ein Hotel verliere immer auch Gäste, wenn es seine Positionierung schärft: «Wenn ein älteres Ehepaar vorher immer nach Braunwald gekommen ist, um zu wandern, dann wählen sie nun nicht mehr unser Hotel aus, weil es ihnen im Speisesaal einfach zu laut ist.» Das Gastgeber-Ehepaar kann jedoch aus eigener Erfahrung sagen, dass, wenn sie wegen der klaren Positionierung einen Gast verloren haben, mindestens zwei neue Gäste dazugekommen sind. Vor allem in der heutigen Zeit ist es für Hotels schwierig, in der Fülle von Angeboten gefunden zu werden. Auch hier helfe eine klare Positionierung. Denn gerade die Zielgruppe Familien mit ihren Spezialbedürfnissen sucht oftmals explizit nach einem familienfreundlichen Angebot. Das war auch der Grund, weshalb die Schreibende sich für das Märchenhotel entschieden hatte. 

Ein Weekendtrip mit wenig Aufwand
Rückblick auf den Freitagmorgen, 9 Uhr: Alle Familienmitglieder sind angezogen und haben gefrühstückt. Die Mama ist am Arbeiten im Homeoffice, und der Papa spielt in der Stube mit der zweijährigen Tochter. Spontan fällt wenig später beim gemeinsamen Kaffee die Idee, einen Wochenendausflug zu unternehmen. Kriterien: gut erreichbar und mit einer familienfreundlichen Ausstattung. Die Wahl fällt, obwohl nicht ganz günstig, auf das Märchenhotel. Wieso? Sämtliche Utensilien wie Kinderwagen, Babystuhl, Rausfallschutz für das Bett und Badeutensilien, die normalerweise mitgeschleppt werden müssen, werden vom Hotel zur Verfügung gestellt. Durch das umfangreiche Angebot mit Erlebnisbad, Kinderbetreuung, verschiedenen Tieren im und ums Hotel, Aktivitäten, Spielplätzen, Seilbahn, Märlistunde und einem riesigen Baum inmitten des Hotels, der zusammen mit dem Europapark kreiert wurde, bietet das Märchenhotel in Braunwald bei jedem Wetter eine sinnvolle Beschäftigung an. Doch all das hat auch seinen Preis. Ein Familienzimmer inklusive Halbpension kostet im Märchenhotel mindestens 500 Franken. Familienangebote seien nicht per se preiswert, erklärt Vogel, auch wenn dies oftmals bei der Zielgruppe anders vermutet wird. Denn gerade im Detailhandel wird mit der Familienpackung, dem Familienpreis oder dem speziellen Rabatt für Familien geworben. 

Muss ein Familienangebot günstig sein?
Doch für ein Hotel oder ein Restaurant bedeutet die Zielgruppe Familien Mehraufwand, und dieser muss finanziert werden. Die grössten Kostentreiber seien vor allem die Personalkosten, erklärt Vogel. «Wir bieten zwölf Stunden am Tag ein betreutes Familienprogramm für Babys und Kinder an», so der Hotelier. Das bedeutet für das Hotel, dass es gut ausgebildetes Personal für die Kinderbetreuung benötigt. Und das wiederum wird über den Übernachtungspreis finanziert. Zudem verursacht ein Familienhotel mehr Aufwand bei der Reinigung, mehr Anschaffungskosten in der Infrastruktur und längere Check-in- und Check-out-Zeiten. «Man muss sich bewusst sein, dass man als Familienhotel immer mit zusätzlichem Aufwand und Kosten zu tun hat», so Vogel. Doch auch hier schafft die klare Positionierung Abhilfe. 
Aktuelle Studien des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco in Bern und Schweiz Tourismus zeigen, dass durch eine klare Positionierung von Feriendestinationen und Hotelprojekten vergleichsweise höhere Preise durchsetzbar sind.  

Ein Votum für mehr Familienhotels
Die Botschaft von Nadja und Patric Vogel ist sonnenklar: Die Schweiz braucht mehr familienfreundliche Hotels. Deshalb ist das Hotelierpaar auch Gründungsmitglied bei den Swiss Family Hotels, einer Vereinigung von familienfreundlichen Hotels in der Schweiz. Alle Mitglieder der Swiss Family Hotels stehen für ausgezeichnete Qualität, eine grosse Erlebnisvielfalt und ein umfassendes  Betreuungsangebot für Familiengäste. Diese Werte verbinden die Hotels. Ziel sei es, ähnliche Standards für familien- und kinderfreundliche Hotels in der Schweiz einzuführen.