Am 27. Juli ist neues Leben ins Hotel Belfort in Alvaneu GR eingekehrt. Nach knapp fünf Jahren ohne Betrieb öffnet das Hotel wieder seine Türen. Hinter dem Neustart steht mit Balz Homberger ein Quereinsteiger. Der studierte Musiker absolvierte zwar vor vielen Jahren die Hotelfachschule in Luzern, war aber seither nicht mehr in der Hotellerie tätig.
Warum also entscheidet er sich, ein verlassenes Hotel in einem abgelegenen Bündner Bergdorf zu übernehmen? «Das ist eine lange Geschichte», sagt er im Gespräch mit dem GastroJournal. «Meine Partnerin besitzt seit vielen Jahren ein Haus im Dorf und ich kenne den Ort aus Ferienzeiten seit meiner Kindheit. Das Hotel - und den ehemaligen Besitzer Markus Beer - kannte ich daher schon sehr lange.»
Deshalb war der Schock gross, als das letzte und einzige Hotel im Dorf 2020 seine Pforten schloss. In den darauffolgenden Jahren versuchte man immer wieder, das Hotel neu zu beleben - erfolglos. Es gab zwar immer wieder interessierte Pächterinnen und Pächter, allerdings kam es nie zu einer Übernahme.
Dafür packte Homberger seine Chance. «Eines Tages ging ich mit meiner Partnerin am Hotel vorbei und sie schlug mir aus dem Nichts vor, es zu übernehmen», erinnert sich Homberger. «Ich dachte, sie sei verrückt. Aber je länger ich über den Vorschlag nachdachte, desto besser hörte er sich an. Als das Haus zum Verkauf ausgeschrieben wurde, zögerte ich daher nicht lange und erwarb es Mitte Juli 2024.»
Klein, aber fein soll es sein
Seither hat sich im Haus einiges verändert, insbesondere in der Gaststube und im grossen Saal, welche beide noch aus der Gründungszeit des Hotels in den 1970-Jahren stammen. «Die beiden Räume habe ich im vergangenen Jahr in Eigenarbeit komplett renoviert und für die Gäste hergerichtet», erzählt Homberger. Entstanden sind zwei helle, moderne Räume, die zum Verweilen einladen. Insbesondere der Saal ist ein Herzensprojekt des Gastgebers. «Hier sollen in Zukunft Kulturveranstaltungen jeglicher Art stattfinden», sagt er. Als erster Anlass wird Ende Juli das von ihm mitgegründete Musicalvaneu-Festival hier stattfinden.
Daneben ist das Hotel in grossen Teilen seinem Charme treu geblieben. «Die elf Doppelzimmer sind in gutem und gepflegtem Zustand, daher werden wir eine Renovation erst in ein paar Jahren in Angriff nehmen », sagt der Gastgeber. Dasselbe gilt für das Buffet und die Küche, welche mit modernen Geräten ergänzt wurden.
Apropos Küche: Dort wird Homberger für die Musik zuständig sein. Seine Ausbildung in der Küche erhielt er an der Hotelfachschule und kochte über viele Jahre hinweg in verschiedenen Betrieben. Als Berufsschullehrer leitete er zusammen mit einer Schulklasse zudem über neun Jahre lang die Mensa in der Berufswahlschule in Bülach ZH.
Der Fokus liegt dabei auf einer regionalen und saisonalen Küche. «Die Küche soll klein, aber fein sein. Die Produkte beziehe ich alle von lokalen Bauern und Produzenten aus der Umgebung», so Homberger. Die Weine stammen von Thomas Marugg und Wieland aus Thusis GR, das Fleisch aus der Metzgerei Fischbacher, das Brot und die Pasta stellt Homberger aus Granalpin-Biogetreide aus der Region selbst her. «Es soll eine ehrliche Küche mit regionaler Verbundenheit sein.» Beim Fleisch verfolgt der Gastgeber die Nose-to-Tail-Philosophie. Das ganze Tier soll den Weg auf die Teller der Gäste finden.
Das Dorf lebt
Unterstützt wird Homberger von Freunden und Bekannten aus seinem Umfeld. Ein Schulfreund leitet das Backoffice, ein Flüchtling aus Afghanistan unterstützt ihn in der Küche, eine langjährige Freundin kümmert sich ums Housekeeping und der Sohn arbeitet im Service. Die meisten haben noch nie im Gastgewerbe gearbeitet. Kein Hindernis für den Gastgeber. «Mir ist nicht wichtig, ob diese Menschen eine bestimmte Ausbildung absolviert haben. Sie sollen Freude an der Arbeit haben und die familiäre Stimmung in diesem Betrieb prägen.»
Dass Homberger mit dieser Einstellung auf dem richtigen Weg ist, zeigte sich bereits während der Bauphase. «Am Donnerstagabend veranstaltete ich bereits spontane Tavolatas im Restaurant. Das Interesse und das Feedback waren überwältigend.» Man spüre, dass nach der Schliessung des Hotels ein grosses Vakuum herrschte und ein grosser Nachholeffekt vorhanden sei. «Die Menschen sind froh, dass endlich wieder etwas läuft im Dorf.»
So soll es nach der Eröffnung auch weitergehen. «Mein Ziel ist es, das Dorf und das Tal mit dem Hotel neu zu beleben. Es soll ein Ort sein, wo die Menschen zusammenkommen, essen, geniessen und miteinander sprechen können», sagt Balz Homberger. Die Kulturveranstaltungen mit Fokus auf Musik und Kunst sollen zusätzlich zum Miteinander im Dorf beitragen. Gleichzeitig soll sich der Ort im Schatten von Lenzerheide GR oder Davos GR als Geheimtipp und Alternative für Touristen etablieren. Ganz nach dem Motto «Geh zu Balz, dort ist es schön!»