Zwei Brüder trumpfen gross auf

Reto E. Wild – 18. April 2025
Die Winzer Noel und Michel Baumgartner gingen in die Welt hinaus und wenden nun ihre Kenntnisse im Betrieb ihrer Eltern in Tegerfelden AG an.

Die Winzerfamilie Baumgartner bezeichnet sich als «weinverrückt»: Lukas (57) und Sandra (58) führen den Betrieb seit 2002 in zweiter Generation; Sohn Noel ist Winzer, Weinbautechniker und Kitesurfer (31), sein jüngerer Bruder Michel Winzer, Önologe und Hobbyfussballer (25), und deren Schwester Danielle (29) arbeitet neu ebenfalls im Betrieb, mit einer 60-Prozent-Anstellung im Marketing.

«Mein Bruder und ich», sagt Noel, «arbeiten zu 100 Prozent für Baumgartner Weinbau. In der Produktion haben wir bereits gewisse Arbeiten von den Eltern übernommen. Aber wir entscheiden alles gemeinsam.» Die Brüder gehen davon aus, dass sie den Familienbetrieb in drei Jahren übernehmen werden, antworten sie auf eine entsprechende Frage beim Besuch des GastroJournals.

Der grösste Teil der Rebflächen des Weinguts befindet sich am Wohnort der Eltern in Tegerfelden, Baumgartners kultivieren aber auch Rebberge in den Aargauer Gemeinden Klingnau, Endingen, Lengnau und Ennetbaden – jeweils nach den umweltfreundlichen Richtlinien Integrierter Produktion (IP). «Und nach Fair and Green», betont Michel Baumgartner. Rund 20 Traubensorten sorgen für eine Jahresproduktion von gegen 100 000 Flaschen. Die Qualitätsstruktur ist in Grand Terroir, Terroir/Cuvée und Domaine eingeteilt.

Tegerfelden

Das Weinbaudorf Tegerfelden zählt zur Weinbauregion des Unteren Aaretals und liegt geografisch zwischen Aare und Rhein. Insgesamt kultivieren Baumgartners 13 Hektaren. (Bild: zVg)

Ein Wein für die Restaurantterrasse

Im Herbst 2024 lancierten Noel und ­Michel erstmals das «Brüderwerk», einen inzwischen ausverkauften Chardonnay im Stil eines Orangeweins. Hinter jedem «Brüderwerk» verbirgt sich eine einmalige Weinkreation, bei dem sich die Jungwinzer austoben. Der Jahrgang 2024 besteht aus Pinot Noir und Garanoir. Innovativ präsentiert sich auch der Weisswein Lekker by Michel 2024 mit den Piwi-Sorten Souvignier gris, Sauvignac, Sauvitage und Muscaris, inspiriert durch Michels Berufspraktikum in Südafrika. «Das ist ein gemeinsames Werk mit frühreifen Sorten. Unsere Weissweine sind alle komplett anders», sagt er.

Der Lekker, ein Frühlings- und Sommerwein, betört mit Frische und Aromatik (Passionsfrucht) und dürfte so zu mancher Restaurantterrasse passen: 16,75 Punkte. Dass die Brüder ihr Handwerk verstehen, zeigt sich ebenso im Chürzi Sauvignon Blanc 2023, der auf sandigen Böden in Lengnau wächst: knackig, tropische Früchte, 17 Punkte. Richtig seriös wird es mit dem Pinot Noir Edelblut 2022, der 18 Monate in Tegerfelder Eiche reifte: Vanille, Kirschen und rote Beeren: 17,5 Punkte. Der Wein dürfte in vier Jahren sein grosses Potenzial ausspielen.

Am 1. Mai öffnen zahlreiche Winzer der Deutschschweiz ihre Kellertüren, Baumgartner Weinbau von 11 bis 17 Uhr, dies auch am 3. und 4. Mai 2025.