Das Erste, was man sieht, wenn man ins Restaurant Häpp(l)imacher in Affoltern am Albis ZH tritt, ist Claudia Trottmanns (34) strahlendes Gesicht. Sie begrüsst jeden Gast persönlich. Kurz darauf erscheint hinter der kurzen Wand noch ein lachendes Gesicht, Anci Bordier (32), die sich sonst lieber in der Küche versteckt. Die zwei Frauen sind die Inhaberinnen von Häpp(l)imacher. Seit April 2024 bieten sie im stilvollen in Schwarz, Weiss und Grau gehaltenen Ambiente von Küchenchefin Bordier kreierte Tapas an, die mit spanischem Vorspeiseteller und Dessert zum Erlebnismenü ausgebaut werden können. «Und Tacos. Weil wir müssen», sagt Bordier. Müssen? Beide lachen.
Aber beginnen wir von vorn. Bordier wollte eigentlich Betriebswissenschaft studieren, doch nach einer schweren Krankheit entschied sie anders und machte sich 2020 in Affoltern a. A. unter dem Namen Häppl(i)macher mit einem Foodtruck selbstständig. Der unerwartete Lockdown machte der Köchin, Fleischfachverkäuferin und Chefmetzgerin mit Handelsdiplom einen fetten Strich durch die Rechnung. Doch sie kämpfte sich durchs erste Jahr, dann stiess die Restaurationsfachfrau Trottmann, ebenso mit Handelsdiplom, dazu. Parallel zum Foodtruck starteten sie mit einem Privatcatering und lieferten via «Just eat» Tapas und Tacos aus. Das war ziemlich erfolgreich – vor allem die Tacos. Die Leute waren begeistert und sagten mehrfach: «Wow, wenn ihr mal ein Restaurant habt, lasst es uns wissen.»
Die Anfragen wurden immer mehr und die Foodtruckküche zu klein. «So sagte ich. ‹Lass uns ein Lokal suchen›», erzählt Bordier, «doch Claudia sagte erst: ‹Nein, ich will kein Restaurant!›.» Und dann passte hier in diesem Neubau in der Nähe des Bahnhofs einfach alles. «Für mich war klar, ich mache das nur mit Claudia», sagt Bordier. Die zwei Gastronominnen haben sich mit 20 im Ausgang kennengelernt und eine Freundschaft aufgebaut. «Unsere Philosophien decken sich: Herzblut und ein Mega-Anspruch an uns selbst, wir setzen auf Qualität im Service und in der Küche», so Trottmann.

Perfekte Geschmacksbombe: gebratener Feta, Randen, Honig und Pistazie (Foto: Anci Bordier)
Gefühlt stündlich 8000 Ideen
Und so legten sie los. Der zweite Businessplan stand, der Rest war Ärmel hochkrempeln und let’s go. «Wir haben keinen Bankkredit, deshalb müssen wir seit Beginn mit wenig Kapital möglichst viel auf die Beine stellen», sagt Bordier. Während der Bauzeit wurden sie ständig gefragt: Wann kommt der Kücheninstallateur? «Nein, es kommt keiner», mussten sie x-fach wiederholen. Sie haben die komplette Küche und alles Sanitäre selbst installiert und auch die Möbel im Restaurant selbst zusammengebaut. Auf der Baustelle glaubte man, sie seien die Putzfrauen. Beide schütteln den Kopf und grinsen.
Seither zeichnet Bordier für die Küche von Häpp(l)imacher verantwortlich, Trottmann für die Front. «Jede hat ihre Abteilung, aber wir unterstützen uns mit viel Verständnis und Respekt für das, was die andere macht», so Trottmann. «Inzwischen sind wir besser erprobt als ein Ehepaar!» Sie ist die Strukturierte, Bordier die Kreative. «Durch mein Hirn passieren gefühlt stündlich 8000 Ideen, die ich sogleich ausprobieren möchte, bis
sie geschmacklich passen, doch dann kommt Claudia und sagt: ‹Halt, wir müssen jetzt erst mal diese E-Mail beantworten›», erklärt die Küchenchefin. Voilà, sie ergänzen sich perfekt.

Sommerlicher Frischekick: Lachstatar mit Apfel, Sesam und Limette (Foto: Anci Bordier)
«Es gibt absolut kein Muster»
Kulinarisch setzen sie auf beste Qualität, Schweizer Produkte und vollsten Geschmack. Hier ein kleiner Tapas-Auszug: gebratener Fetakäse mit Randen, Honig und Pistazie, Pouletspiessli mit Knoblimarinade, Lachstatar mit Apfel, Sesam und Limette oder Klassiker wie Albondigas und Pan con Tomate. Wenn es nach Bordier gehen würde, gäbe es auch Jakobsmuscheln oder Rindsfilet. «Aber alles, was teurer ist, funktioniert nicht. Die wenigsten sind bereit, den Preis dafür zu zahlen.» Geschmortes kommt gut an oder Pulled Meat für Tacos. Nach etlichen Anfragen von Gästen setzten sie Grillgemüse auf die Karte. «Nicht mein Lieblingsgericht», sagt Bordier. «Aber es war im Mai das meistverkaufte Gericht!»
Je 26 Plätze haben sie innen und aussen, das Restaurant läuft gut. Da sie alles zu zweit stemmen, haben sie aufgrund ihrer Ressourcen nur abends geöffnet. «Es gibt Tage, an denen wir voll sind und Leute abweisen müssen, an anderen sind nur zwei bis drei Tische besetzt. Es gibt absolut kein Muster», sagt Trottmann.
Ihr Gästesegment umspannt vom 20- bis zur 80-Jährigen, Pärli, Frauengrüppli, Freunde, Familien – auch mal drei Generationen gleichzeitig. «Claudia kennt die meisten Leute beim Namen», sagt Bordier. «Es ist ein bisschen so, als ob sie zu uns auf Besuch kommen», erklärt Trottmann. Über 70 Prozent der Besucher sind Stammgäste.
Nach einem Jahr deckt das Restaurant spartenmässig rund 80 Prozent ab, 15 Prozent entfallen auf das Catering und den Partyservice und 5 Prozent auf Take-away. Die drei Betriebszweige befruchten sich wirtschaftlich gegenseitig: Mal kommen Leute nach einem Cateringservice im Restaurant vorbei, oder Restaurantgäste buchen das Häpp(l)imacher-Catering für ihr nächstes Fest.

Der Tapasklassiker: Albondigas an pikanter Tomatensauce (Foto: Anci Bordier)
Das schönste Bettmümpfeli
Ihre grösste Herausforderung ist das Zeitmanagement, da sie alles selbst erledigen. Neben dem Restaurantalltag beantworten sie jede E-Mail, kaufen alles selbst ein, putzen selbst und, und, und. «Wir leben dafür, opfern unser Privatleben, dafür ist es unser Betrieb. Wir sind stolz darauf, was und wie wir es machen, und haben eine grosse Freude daran, alles für unsere Gäste zu machen.»
Und diese Freude ist ansteckend und greift auf den Gast über, die Atmosphäre im Häpp(l)imacher ist freundschaftlich. «Wir wollen, dass die Leute bei uns den Alltag für ein paar Stunden vergessen und häppy rausgehen», so Trottmann.
Und das tun sie, manche reden von Ferienfeeling oder umarmen ihre Gastgeberinnen. Und Bordier ergänzt«: Oft bedanken sich die Gäste für den schönen Abend und senden einen lieben Gruss in die Küche. Das ist mein schönstes Bettmümpfeli!»