Axel und Elise Haas, wie haben Sie sich kennengelernt?
Elise Haas: 2016 arbeiteten wir beide im Hotel Jean-Jacques Rousseau in La Neuveville BE. Axel war Küchenangestellter und ich Auszubildende im Service. Seither haben wir uns beruflich gemeinsam weiterentwickelt.
Sie sind nun seit fast zehn Jahren ein Paar. Hatten Sie ein gemeinsames Projekt?
Axel Haas: Nicht wirklich. Es war eine Verkettung von Umständen.
Elise Haas: Als das Hotel Jean-Jacques Rousseau verkauft wurde, sind wir gegangen, weil wir nicht mit den neuen Besitzern dort weitermachen wollten. Im Januar 2022 schlug Axel seinem Grossvater Jean-Pierre Lüthi vor, dass wir die Auberge du Mont-Cornu, die ihm gehörte, übernehmen könnten. Wir fühlten uns bereit, die Wiedereröffnung zu schaffen. Der Betrieb war seit 2016 geschlossen, da der 70-jährige Jean-Pierre und seine 60-jährige Frau Verena damals in den Ruhestand gegangen sind.
Hatten Verena und Jean-Pierre Lüthi bestimmte Erwartungen bezüglich der Führung des Lokals oder liessen sie Ihnen freie Hand?
Elise Haas: Sie wünschten, dass wir einige Richtlinien, die sie eingeführt hatten, beibehalten, aber wir konnten unseren eigenen Stil hinzufügen. Zum Beispiel haben wir das Fondue mit der Schlagsahne obendrauf beibehalten, weil es das Markenzeichen des Mont-Cornu ist.
Axel Haas: Das ist richtig. Von der damaligen Speisekarte haben wir nur die diversen Fondues beibehalten. Es gibt acht verschiedene Sorten, und die Käsemischung kommt von Sterchi, einem Affineur in La Chaux-de-Fonds. Es gibt Fondues mit Tomate, Schalotten, Schafskäse und Bleuchâtel. Wir werden ein Fondue mit einem saisonalen Produkt wie Steinpilzen hinzufügen – das Fondue des Augenblicks!
Setzen Sie auf lokale Produkte, und arbeiten Sie mit Produzenten aus der Region zusammen?
Axel Haas: Wir versuchen, möglichst viele regionale Produzenten und Schweizer Produkte zu verwenden. Wir verwenden kein Fleisch aus dem Ausland, mit Ausnahme des Rehrückens, der aus Österreich kommt. Wir beziehen das Fleisch von Metzgern und den Käse von Käsern aus dem Kanton. Wir servieren nur Weine aus dem Kanton Neuenburg. Die Speisekarte wechselt alle drei Monate, die Idee dahinter ist, den Jahreszeiten zu folgen. Die Karte soll klein sein, denn alles ist hausgemacht, auch die Nudeln, die Ravioli und das Brot, der kalte Tee und die Sirups. Alles, was man selbst machen kann, wird auch selbst gemacht!
Was ist das Besondere bei Ihnen?
Axel Haas: Der atypische Ort!
Elise Haas: Wir legen grossen Wert auf den Empfang . Unsere Mitarbeiter sind darauf geschult, dass sich die Gäste wie zu Hause fühlen. Und das funktioniert, denn sie gehen nicht so schnell wieder! (lacht)
Axel Haas: Wir versuchen, so ehrlich wie möglich mit unseren Gästen zu sein, sowohl was das Preis-Leistungs-Verhältnis als auch alles andere betrifft. Ich denke, wir machen einen ehrlichen Job.
Wie sieht es bezüglich Ihres Umsatzes aus?
Elise Haas: Der Sommer 2024 war wegen des schlechten Wetters schwierig, aber 2023 hatten wir morgens, mittags und abends immer zu tun.
Axel Haas: Man kann die Besucherzahlen nie vorhersagen. Was uns im letzten Jahr gerettet hat, war die Jagd, wir haben im Herbst sehr gut gearbeitet. Die Wildzeit ist sehr erfolgreich. Den Hirsch bekommen wir von einem Züchter aus der Gegend von Les Brenets. Das Tier wird im Ganzen angeliefert, und ich verarbeite alle Teile.
Wie lautet Ihre bisherige Bilanz nach zwei Jahren als Leiterin der Auberge du Mont-Cornu?
Elise Haas: Insgesamt würde ich sagen, dass alles gut läuft und dass es bergauf geht. Wir stehen jeden Morgen auf und freuen uns, zur Arbeit zu gehen. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir unsere Arbeit so sehr lieben. Selbstständig zu werden war die beste Entscheidung, die wir je getroffen haben! Es fällt natürlich leicht, dies zu sagen, wenn der Betrieb gut läuft.
Axel Haas: Es macht Spass, hier zu arbeiten. Wir geben uns Mühe. Als Chefs sind wir nicht altmodisch. Wir sind eher kollegiale Chefs. Wir schreien nie, es ist eine sehr familiäre Atmosphäre.
Elise Haas: Da wir fünf Tage pro Woche zusammenarbeiten, ist es schöner, diese als Freunde zu verbringen. Wir haben Blockzeiten eingeführt, mit einer Pause zwischen 14.30 und 17.30 Uhr. Wir wohnen fünf Autominuten entfernt und unsere Mitarbeitenden wohnen auf dem Bauernhof nebenan. Wir versuchen alles, um die Mitarbeitenden zu halten, und ich habe den Eindruck, dass sich die gute Atmosphäre auch in der Qualität unserer Arbeit bemerkbar macht. Auch die Tatsache, dass wir fixe Ferien haben (eine Woche im Frühling, zwei Wochen im Sommer und drei Wochen im Winter), ist für das Team äusserst wichtig. Nicht zu vergessen sind drei aufeinanderfolgende freie Abende, was auch für uns unverzichtbar ist, besonders seit wir Eltern geworden sind.
Die Viertagewoche ist auf dem Vormarsch. Junge Leute wollen mehr Freizeit ...
Elise Haas: Solange alles gut läuft und man ein Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben findet, warum sollte man mehr arbeiten? Das Wichtigste ist die Familie. In der Gastronomie ist man schnell erschöpft. Wenn jemand fünf Tage die Woche und fünf Abende die Woche arbeitet, weiss ich nicht, wie er das hinbekommt.
Die Idee ist, auch neben des Berufs zu existieren, obwohl dieser eine Leidenschaft ist?
Elise Haas: Wir sind sehr leidenschaftlich, aber nicht besessen. Wir wollen uns nicht vergessen.
Ihnen gelingt alles, sowohl privat als auch beruflich. Welche Botschaft möchten Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben, die noch zögern, ins Gastgewerbe einzusteigen?
Elise Haas: Ich kann mir vorstellen, dass unsere Berufe nicht immer attraktiv sind, wenn man sich die Arbeitsbedingungen und die Arbeitszeiten anschaut, die von einigen Arbeitgebern vorgegeben sind. Die Arbeitsatmosphäre kann sehr belastend sein mit einem konstanten Druck. Axel und ich haben analysiert, herauszufinden, was uns als Auszubildende und Angestellte nicht gefallen hat. Wir versetzen uns in die Lage unserer Mitarbeitenden, und das macht den Unterschied. Freizeit und der menschliche Aspekt in den Arbeitsbeziehungen sind Schlüsselelemente.
Axel Haas: Ich persönlich erhebe nie meine Stimme. In der Branche sind viele Fehler gemacht worden, die jetzt korrigiert werden müssen. Es ist unsere Aufgabe als Chefs, die Leute zu begeistern.
2025 wird ein entscheidendes Jahr: viele Aktivitäten, neue Veranstaltungen, ein neues Label und ein erster Lehrling ...
Elise Haas: Nach dem Neuenburger Unabhängigkeitstag am 1. März, nehmen wir zum ersten Mal am Festin neuchâtelois am 9. März teil, und wir freuen uns sehr darauf! Und wir haben gerade das Label «Neuchâtel Vins et Terroir» erhalten. Unser Kochlehrling beginnt im August. Das wird ab diesem Sommer unsere Herausforderung sein: ein guter Ausbildungsbetrieb zu werden!
Axel Haas: Unser zukünftiger Lehrling war einmal mit seinem Vater zum Essen bei uns, und hat uns gefragt, ob er schnuppern dürfe. Wir haben ihn ausgewählt, weil er einen guten Eindruck machte und vor allem hochmotiviert ist. Emilie, die Auszubildende, die ich im Hotel Jean-Jacques Rousseau ausgebildet hatte, ist uns hierher gefolgt und heute unterstützt sie mich in der Küche.