Wie die künstliche ­Intelligenz im Gastgewerbealltag hilft

Mathias Steger – 13. Juni 2025
Die künstliche Intelligenz (KI) ist auch in der Gastronomie nicht mehr wegzudenken. Wie arbeiten Schweizer Gastronomen damit? Welche Chancen und Risiken ergeben sich? Und was steht für die Zukunft bevor?

Bei der Systemgastronomiekette L’Osteria kommt KI ebenfalls zum Einsatz – vor allem im Rahmen eines KI-gestützten Reservierungstools. «Dieses Tool sorgt dank automatisierter Tischzuteilung für eine optimale Auslastung und eine intelligente Platzierung der Gäste», präzisiert Marco Rummenigge, Joint-Venture Partner von L’Osteria für die Schweiz. Dabei würden bisher gute Erfahrungen gemacht, weil die gleichmässigere Auslastung des Restaurants einen besseren Service fördere und die Zufriedenheit der Gäste und Mitarbeitenden steigere.

Künstliche Intelligenz kann Gastrobetriebe auch im Bereich der Online-Bewertungen und für ein besseres Google-Ranking unterstützen, wie das Beispiel Opinstar zeigt. Mit diesem Tool lassen sich Bewertungen auf Google und Co. automatisch beantworten. «Wir trainieren eine KI-Software, die den Tonfall des Betriebs wiedergibt und so antwortet, wie es die Mitarbeitenden selbst tun würden», erklärt der Opin­star-Gründer und ehemalige Gastronom Rafael Bettio.

Ihm ist es ein Anliegen, dass die Gastrobetriebe den Anschluss an die KI-Entwicklung nicht verpassen – und er organisiert gemeinsam mit dem GastroJournal ein Webinar. Martin Lang, Geschäftsführer des Restaurants Huwyler in Merenschwand AG, setzt Opinstar bereits erfolgreich ein: «Dank dieser einfach zu bedienenden Software habe ich über ein zentrales Dashboard einen viel besseren Überblick über alle Bewertungen – und ein Grossteil kann automatisch beantwortet werden. Zudem bietet das Tool viele Möglichkeiten, um Gäste zur Abgabe einer Bewertung zu motivieren», sagt Lang. «Gerade als Kleinbetrieb fehlt uns oft die Zeit für administrative Aufgaben. Da ist die Unterstützung durch KI eine grosse Hilfe.»

Dank KI Lebensmittelverschwendung reduzieren

KI kann aber auch einen wichtigen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten, wie das Beispiel von Kitro zeigt. Das Schweizer Unternehmen hat sich auf die automatische Analyse und Messung von Lebensmittelabfällen in der Gastronomie und Food-Service-Industrie spezialisiert. Dank KI wird der Lebensmittelabfall automatisch erfasst, gewogen und ausgewertet. «Jedes Mal, wenn etwas in die grüne Tonne entsorgt wird, werden die Daten von KI analysiert», erklärt Anastasia Hofmann, Mitbegründerin des Unternehmens. Die daraus gewonnenen Daten dienen dazu, Lebensmittelverschwendung gezielt zu reduzieren. Die Kunden erhalten ein Dashboard und werden unterstützt, damit sie den Einsatz von Lebensmitteln und Speisen effizienter gestalten können.

Nicht zu vernachlässigen sind die Risiken, die mit der (falschen) Nutzung von KI einhergehen. «Die grösste Gefahr liegt im vermeintlichen Vertrauen: KI-generierte Inhalte wirken oft sehr überzeugend, obwohl sie faktisch falsch sein können», erklärt Michael Berli. Deshalb sei es besonders wichtig, KI als unterstützendes Werkzeug zu sehen und nicht als alleinige Entscheidungsinstanz. Berli sieht noch mehr Potenzial in der Gastronomie, vor allem im betriebswirtschaftlichen Bereich, wie bei der Prognose von Nachfrage, der Optimierung des Personaleinsatzes oder zur Analyse von Gästefeedback. «Auch der Einsatz von Robotik wird zunehmen – erste Betriebe nutzen Roboter zur Unterstützung im Service oder in der Küche», so der Experte.

Bei Bindella wird KI in Zukunft vermehrt eingesetzt werden. «Wir investieren derzeit in eine neue Infrastruktur, die es uns ermöglichen wird, unsere Daten effizienter zu nutzen und wertvolle Erkenntnisse daraus zu gewinnen. Gleichzeitig sehen wir grosses Potenzial für KI-gestützte Automatisierung, um Abläufe zu optimieren und unsere Mitarbeitenden von repetitiven Aufgaben zu entlasten», erklärt der Unternehmer. «Die Gastronomie und der Weinhandel bleiben jedoch Branchen der persönlichen Begegnung, geprägt von Gastfreundschaft, Herzlichkeit und direktem Austausch.» Bindella sieht in den Veränderungen der Berufsbilder vor allem Chancen: «KI kann Mitarbeitende dabei unterstützen, sich auf anspruchsvollere und kreativere Tätigkeiten zu konzentrieren. Es geht also nicht um Ersatz, sondern um Unterstützung und Weiterentwicklung.» 

Michael Berli 2500x15000 WEB

Michael Berli ist Co-Gründer von HeyMia. (Bild: zVg)

Expertentipp: «Die eigene Speisekarte bei ChatGPT hochladen»

Michael Berli, welche KI-Tools eignen sich für den Einsatz in Unternehmen?
Michael Berli: Neben Tools wie ChatGPT oder Midjourney zur Text- und Bildgenerierung nutzen wir bei HeyMia auch generative KI über API-Schnittstellen, zum Beispiel zum Auslesen von strukturierten Daten aus Lebensläufen. Für weitere Anwendungsfälle gibt es spezialisierte Tools – etwa zur Videoproduktion oder Website-Generierung. Ein stark wachsendes Feld sind KI-gestützte Chatbots, die Kundendialoge auf Websites übernehmen können.

 

Wo kann KI aktuell von Unternehmen eingesetzt werden und wo nicht?
Besonders interessant ist der Einsatz von KI etwa beim Erstellen von Inhalten, beim Analysieren von Daten oder zur Effizienzsteigerung in Prozessen. Weniger geeignet ist KI aktuell bei komplexen juristischen Fragestellungen oder überall dort, wo absolute faktische Korrektheit und Kontextverständnis entscheidend sind.

 

Wie sollen Gastronomie und Hotellerie  KI im Detail nutzen?
Das Gastgewerbe kann KI nutzen, um effizient Inhalte wie Social-Media-Posts, Bildmaterial oder Website-Texte zu generieren. Auch interne Prozesse wie Lager- und Bestellmanagement, Leitfäden für Mitarbeitergespräche oder Dienstpläne lassen sich durch KI optimieren. Dies bietet vor allem kleineren Betrieben die Chance, mit dem vorhandenen Personal mehr Aufgaben zu bewältigen.

 

Wie hilft KI in der Rekrutierung?
Bei HeyMia setzen wir KI gezielt ein, um Lebensläufe strukturiert auszulesen und zu bewerten, wie gut ein Kandidat zu einem Job passt. Da­rüber hinaus kann KI den Gastronomiebetrieben helfen, Stelleninserate zu erstellen oder zu bewerten, Interviewleitfäden vorzubereiten oder standardisierte Arbeitszeugnisse zu formulieren. Der gesamte Rekrutierungsprozess lässt sich so effizienter und strukturierter gestalten.

 

Was ist Ihr Rat für eine richtige Nutzung von KI? 
Ich empfehle, KI als intelligente Assistenz zu betrachten und nicht als Ersatz für menschliches Urteilsvermögen. Tools wie ChatGPT bieten eine gute Möglichkeit, erste Erfahrungen mit dem sogenannten Prompting zu sammeln – also dem gezielten Kommunizieren mit KI-Modellen. Als Einstieg kann man beispielsweise die eigene Speisekarte bei ChatGPT hochladen und fragen, wie diese optimiert werden könnte. Die Resultate erstaunen.