Der Wein der Zukunft kommt aus dem Fass

Oliver Borner – 08. August 2024
Um Liquid Waste zu vermeiden, soll Wein und Schaumwein im Offenausschank aus Fässern mittels Zapfhahn ausgeschenkt werden. Die Vision von Roman Bundi und seinen Geschäftspartnern ist im Ausland bereits etabliert - und fasst langsam Fuss in der Schweiz.

Bier aus dem Zapfhahn? Das kennt jeder. Wein und Schaumwein aus dem Zapfhahn? Wie bitte - das geht? Ja, das geht. Und mittlerweile gibt es das auch in der Schweiz. 

Verantwortlich dafür ist die ProKeSo GmbH. Roman Bundi ist Mitgründer des Unternehmens, das sich das Ziel gesetzt hat, die Verschwendung von Schaumweinen und Weinen zu verhindern. «In der Schweiz werden allein in der Gastronomie Unmengen an Flaschenwein Resten aus dem Offenausschank weggeschüttet», sagt er. Bundi kennt das Problem aus erster Hand. Neben seinem Job als Geschäftsführer arbeitet er auch bei der Bei Moudi GmbH, welche unter anderem das neue Restaurant beim Kunsthaus Zürich betreibt. 

Der Grund für die Weinverschwendung liegt quasi in der Flasche. Im Offenausschank wird oft weniger Wein benötigt, als in der Flasche drin ist. Die Folge ist, dass der Restwein dann im Ausguss landet, insbesondere Rotweine: «Diese können in der Regel nicht über längere Zeit gekühlt werden und oxidieren, wenn sie zu lange rumstehen.» Dadurch verlieren sie ihr Aroma und werden ungeniessbar. So auch beim Schaumwein: es besteht die Gefahr, dass die Kohlensäure verloren geht. 

Inspiration im Ausland  

Diesen Umstand bewegte die Gründer der ProKeSo GmbH 2022 dazu, eine Lösung für das Problem zu suchen. «Es kann nicht sein, dass laufend Schaumwein und Wein weggeschüttet werden muss. Weder aus ökologischer noch aus finanzieller Sicht.» 

 Fündig wurden sie im Ausland. Bundi: «In Italien ist es beispielsweise ganz normal, dass Wein und Schaumwein aus Fässern vom Hahn gezapft werden. Da dachten wir: Das ist die Lösung für unser Problem! Das brauchen wir auch in der Schweiz.» 

So begaben sie sich auf die Suche nach einem Produzenten, der ihnen Schaumwein und Wein statt in Flaschen in Fässer abfüllt. Fündig wurden sie in Italien. «Dort lassen wir bei einem Weinproduzenten Schaumwein in 24-Liter-Keg-Fässer abfüllen», sagt Bundi. Dafür ist eine spezielle Maschine nötig, die es für diese Fassgrösse in der Schweiz noch nicht gibt. Um welchen Produzenten es sich dabei genau handelt, will Bundi nicht sagen.

Zapfhahn Wein Prokeso

Zapfhahn statt Flaschen: Die KEG-Fässer ersetzen 32 Weinflaschen und können an jede Zapfanlage angehängt werden. (Bild: zVg)

Anfängliche Zurückhaltung der Gastro Betriebe

Momentan liegt der Fokus der ProKeSo GmbH auf Schaumweinen, vor allem auf dem Prosecco Frizzante. «Wir sind neben der bedienten Gastronomie vor allem an Events und Konzerten vertreten. Dort sind neben Spritz Getränken wie z.B. Aperol- oder Hugo-Spritz auch der viel schnellere Cüpli Ausschank sehr gefragt», begründet Bundi. 

Dort werden die Vorteile gegenüber Flaschenweinen für jeden sofort sichtbar. «Weniger Abfall, weniger Verpackung, weniger Logistik, weniger Zeitaufwand und im Endeffekt auch weniger Kosten. Zudem können die Fässer ganz einfach an einen herkömmlichen Bierzapfhahn angehängt werden.» Ein Keg-Fass ersetzt 32 Weinflaschen. 

Diese Vorteile versucht die ProKeSo GmbH auch der bedienten Gastronomie zu vermitteln. Aber in der Deutschschweiz ist anfänglich noch Skepsis vorhanden. «Die Betriebe haben oft Bedenken wegen der Qualität des Schaumweins», erklärt Bundi. Diese Bedenken seien aber unbegründet. «Der Tank steht unter Stickstoffdruck, damit die Qualität und der Kohlensäuregehalt bis zum letzten Tropfen erhalten bleibt.» 

Die grosse Herausforderung sei momentan, den einzelnen Betrieben zu zeigen, dass die Qualität nicht unter dem Fass leidet. Dafür kann Bundi den Betrieben die Möglichkeit bieten, die ProKeSo Fässer zu testen. Sein Fazit: «Wir hatten bisher noch keinen Betrieb, der nach der Testphase auf das Produkt verzichten wollte.» Zusätzliche Vorteile wie Platzersparnisse, weniger Kühlaufwand und das Entfallen von ständigem Flaschen Nachschub, also Effizienz, überzeugten die Betriebe zusätzlich. 

So konnte Bundi bereits mehrere Betriebe für seine Idee begeistern. Dazu gehört neben der Moudi GmbH beispielsweise der Damm in Zürich. Auch Lieferanten wie Morelli oder Huber Getränke verkaufen bereits die Keg-Fässer von ProKeSo. Mittlerweile gebe es auch Interesse von grösseren Händlern und Gastronomen, sagt Bundi. 

Weiss- und Rotwein sollen folgen 

Beim Schaumwein soll es in Zukunft nicht bleiben. Die ProKeSo GmbH hat grosse Ziele. «Wir wollen in den nächsten Jahren auch Weiss- und Rotwein im Fass anbieten und schweizweit verkaufen», sagt Bundi.

Dies bedeutet aber nicht das Ende der Weinflasche. «Ein prestigeträchtiger Wein wird weiterhin in der Flasche serviert werden», ist Bundi überzeugt. So würde er beispielsweise nie einen Amarone oder Nero d'Avola in ein Fass abfüllen. Auch Champagner oder Cava wird kaum aus einem Tank serviert werden können, da es sich um Flaschengärungen handelt. 

Häufig gebrauchte Weinsorten, insbesondere die Hausweine als Visitenkarte eines Gastrobetriebes, wie z.B. Pinot Grigio, Chardonnay oder Pinot Noir, sollen in Zukunft im Offenausschank aus dem Tank serviert werden. Dazu erhofft sich die ProKeSo GmbH aus ökologischer Sicht, in der Schweiz einen Weinproduzenten zu finden, der die Fässer befüllt und reinigen kann. «Unsere Vision ist, dass irgendwann jeder Schaumwein und Wein in der Schweiz für die Gastronomie im Fass gekauft werden kann.