«Bei uns muss das Essen nicht im Vordergrund stehen», sagt Martin Geiger (38), verantwortlich für die Gastronomie bei der BSC Young Boys AG. «Die Gäste kommen zu uns, um ein Fussballspiel zu schauen und sich vor, während oder nach dem Match zu verpflegen», führt er aus. Das gastronomische Angebot im Stadion Wankdorf diene vor allem dazu, das Gästeerlebnis im Allgemeinen besser zu machen.
Im À-la-carte-Restaurant Eleven sei vor allem der Faktor Zeit entscheidend. «Deshalb arbeiten wir hier beispielsweise mit frischer Pasta, die wir nur kurz ins kochende Wasser geben müssen – und dann innerhalb von zwei Minuten dem Gast servieren können», so der Gastroprofi. Bei einem Fussballmatch sei die Aufmerksamkeit der Gäste ganz auf dem Spielfeld und jegliche Unterbrechung unerwünscht. «Ein Aspekt, den wir bei Gästeumfragen immer wieder zu hören bekommen, ist die Wartezeit», so Geiger. Deshalb seien sie stetig auf der Suche nach Wegen, um noch mehr Zeit einzusparen. «Wir sind an einer Kapazitätsgrenze, und unsere Infrastruktur gibt nicht mehr her. Doch das können wir unseren Gästen selbstverständlich nicht als Grund nennen.» Deshalb versuche man stetig, noch schneller zu werden oder die Gästeströme besser zu verteilen, sprich zu lenken.
45 Prozent des Gesamtumsatzes während eines Fussballmatches werde in der Pause erzielt, erzählt Geiger. «Wir haben also rund 30 Minuten, um rund 30 000 Publikumsgäste zu verpflegen.» In einer Saison mit 26 Fussballheimspielen verpflege YB 666 697 Publikumsgäste mit 86 500 Portionen Pommes frites, 39 500 Portionen Chicken Nuggets, 28 500 Chicken Burger, 68 000 YB-Würste, 21 500 Pizzas, 33 000 Kalbsbratwürste, 15 500 Schweinsbratwürste und 276 000 Liter Bier.
16 Foodstände und zwei Foodtrucks
Das gesamte Foodangebot ist auf 16 fixe Cateringboxen, 12 Aussenstände mit einem Getränkeangebot, zwei Foodtrucks und ein Getränkezelt auf dem Quartierplatz vor dem Stadion verteilt. In jeder Cateringbox stehen um 15 temporäre Mitarbeitende im Einsatz. «In jeder Box gibt es jeweils nur ein Angebot, das macht die Arbeitsprozesse für die Mitarbeitenden und die Anlieferung für die Logistik einfacher», so Geiger. Deshalb hätten sie sich, auch wenn es für die Gäste umständlicher sei, für dieses Konzept entschieden. Auch in der Box gibt es eine klare Arbeitsaufteilung: Die Kasse, das Anrichten, respektive Abpacken und die Produktion (Grill oder Fritteuse) sind voneinander getrennt und durch jeweils eigene Teams besetzt.
420 Mitarbeitende im Einsatz
Bei jedem Fussballmatch stehen über 420 Mitarbeitende im Einsatz. Nur 38 davon sind fest angestellt. Die BSC Young Boys AG hat einen eigenen Pool an temporären Mitarbeitenden, die jeweils für die Spieltage aufgeboten werden können. Über 1000 Personen sind dort angemeldet und können sich jeweils direkt für die gewünschten Spiele und Schichten eintragen. «Wir können von Glück reden, dass wir im Publikumscatering in den letzten Jahren nicht mehr aktiv rekrutieren mussten», so Geiger. Es fänden sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda immer wieder neue Mitarbeitende, die im Publikumsbereich arbeiten möchten.
Alle Mitarbeitenden seien in diesem System erfasst und entsprechend gekennzeichnet. «Wir sehen, für welche Bereiche wir die temporären Mitarbeitenden einsetzen können, sprich wo sie schon überall gearbeitet haben», erklärt der Fachmann. Dadurch können sich die einzelnen Bereiche kurzfristig Mitarbeitende «ausleihen», wenn in einem Bereich ein Engpass oder ein Überschuss herrscht. Auch mit den festen Mitarbeitenden im Bankett und VIP-Bereich oder im Restaurant Eleven hilft man einander aus.
Dieses Miteinander wird von Küchenchef Matthias Röthlisberger (41) sehr geschätzt. «Wenn wir einen grossen Abendanlass haben, können wir im Notfall immer auf Köche aus dem À-la-carte-Bereich des Restaurants Eleven zurückgreifen», erklärt Röthlisberger. Dies sei der Grund, weshalb er seit 13 Jahre für YB arbeite. «Der Zusammenhalt untereinander ist sehr stark. Wir sind eine Familie, vom Spüler bis zum Sportchef, und halten zusammen», so der Küchenchef.

Matthias Röthlisberger (41), Küchenchef im Restaurant des Wankdorf Stadions (Bild: zVg)
Drei Fragen an: Matthias Röthlisberger
Sind Sie ein Fussballfan?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin ein Hockeyfan. Aber ich liebe meinen Job und die Emotionen vor, während und nach den Spielen. Diese Emotionen spüren wir im Restaurant oder auch in den Bankett- oder VIP-Bereichen, im Guten wie im Schlechten.
Das heisst also, wenn die Mannschaft schlecht spielt, habt ihr mehr zu tun?
Es ist wirklich so, dass wenn die Mannschaft verliert, wir mehr unzufriedene Gäste haben und auch mehr Reklamationen bezüglich des Essens eintreffen. Wir versuchen dann, die Gemüter mit unserem freundlichen und zuvorkommenden Service etwas zu erhellen.
Wie beeinflussen die Spiele Ihre Küche?
In unserem À-la-carte-Restaurant haben wir eine fixe Karte. Pizza und Bier funktionieren hier am besten. In unserem Bankett- und VIP-Bereich passen wir das Menü dem Gegner an. Spielen wir beispielsweise gegen einen Westschweizer Club, nehmen wir Saucisson rein, oder bei einem Tessiner Club kommt dann Polenta mit auf das Menü. Es sind altklassische Gericht