Das Soleil d’Or, sieben Fussminuten vom Bahnhof entfernt, ist St. Gallens neue Gourmetadresse mit 28 Plätzen in einem stilvollen Design, bei dem optisch eine überdimensionierte Sonne über dem Barbereich dominiert. Dahinter kochen seit Mitte Januar Benjamin Geisser und sein Team auf hohem, sehr hohem Niveau. Benjamin ist der jüngere Bruder von David Geisser (34) und mit seinen 26 Jahren tatsächlich der älteste im Team des Spitzenrestaurants.
Höhenflüge dank Teamspirit
«Wir sind sehr gut gestartet», freut er sich. «Es macht super Spass. Das ganze Team ist motiviert. Anfangs dachte ich, die Verantwortung werde mich erdrücken, denn ich war noch nie in einer Chefposition. Aber ich gehe in meiner Aufgabe auf. Das Team mit 20- bis 24-jährigen Mitarbeitenden unterstützt mich, obwohl ich als Chef fast gleich jung bin», sagt Benjamin Geisser. Und ergänzt: «Mein Bruder lässt mir freie Hand. Ich informiere ihn über alles, bin aber in meinen Entscheidungen frei. Er berät mich im Hintergrund.»
Diese Konstellation scheint Benjamin Geisser tatsächlich zu beflügeln. Was er und sein Team zubereiten, begeistert. Das startet schon bei der Idee: Das erste und bis zum 22. März 2025 laufende Menü war den Märchen der Gebrüder Grimm gewidmet.
Die Gänge des Jungkochs, der seine Karriere 2017 mit einer Kochlehre im Dolder Grand Zürich startete und zuletzt bei Felix Gabel im Kai3 im Luxushotel Budersand auf der Nordseeinsel Sylt arbeitete, überzeugen durch hohe Kochkunst, Kreativität und Innovation – und Mut zum Unterschied: Statt Rindfleisch heissen die Protagonisten bei den Fleischgängen Pata Negra sowie Gitzi. Grossartig, wie der perfekt zubereitete Steinbutt mit dem knackigen Romanasalat harmoniert. Gerade bei diesem Gang, er nennt sich «Der Fischer und seine Frau», zeigt sich das riesige Talent von Benjamin Geisser.
Das entspricht den hohen Erwartungen, die sich die Gebrüder Geisser selbst stellen: «Wir streben einen grünen Michelin-Stern an, weil uns Nachhaltigkeit wichtig ist.» Und Benjamin würde sich über einen Michelin-Stern freuen. Doch David sagte im Gespräch mit dem GastroJournal im Januar: «Wir möchten uns zwei Sterne als Ziel setzen.» GaultMillaut dürfte die Leistungen mit mindestens 16 Punkten honorieren.
Die Märchenidee kommt gut an
«Die Gäste waren vom Märlimenü begeistert und fanden es eine coole Idee. In der gehobenen Küche erhält man Gitzi nicht so oft», bilanziert Benjamin Geisser. Unter der Woche sei das Gästeaufkommen noch etwas schwächer. «Aber von Donnerstag bis Samstag zieht die Nachfrage an.»
Seit dem 25. März 2025 bis Anfang Juni steht ein Bodenseemenü auf dem Programm: Die Produkte stammen aus einem Umkreis von 40 Kilometern vom drittgrössten Binnensee Mitteleuropas. Ausnahmen bilden die Felchlin-Schokolade aus Ecuador, das Alpsteinsalz, Oona-Kaviar aus dem Berner Oberland und die Luma-Ente von Robin Geisser aus dem Appenzellerland. «Uns ist es wichtig, ein regionales und möglichst saisonales Menü anzubieten und dabei die Bauern aus der Region zu unterstützen.»
Ein Auszug aus dem neuen Menü: Rindsfilet mit Oona-Kaviar, Forelle aus dem Bodensee mit Karotten und Knochenmark, Kalb aus dem Thurgau mit Spargeln, Lammrücken aus dem Appenzellerland und Rhabarber aus dem eigenen Garten mit Estragon und Baumnüssen. Der Viergänger kostet 180 Franken. Neu gestaltet wurde der Barbereich: Auf der rechten Seite gelangt der erst 20-jährige Barmanager David Fraundorfer über eine Leiter zu alkoholfreien Spezialitäten wie Gin oder Whiskey oder eigenen alkoholfreien Cocktailkreationen.