Nationalratskommission stellt ave GAV über kantonale Mindestlöhne

Oliver Borner – 02. April 2025
Kantonale Mindestlöhne sollen Mindestlöhne in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (ave GAV) nicht mehr übersteuern können. Die WAK-N spricht sich mit 16 zu 9 Stimmen für eine entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG) aus. Das Gastgewerbe jubelt.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N) fällt einen wichtigen Entscheid für das Gastgewerbe. Mindestlöhne in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (ave GAV) sollen Vorrang vor kantonalen Mindestlöhnen haben. Damit will sie die Motion Ettlin «Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen» (20.4738) umsetzen, welche das Parlament im Dezember 2022 angenommen hat.

Im AVEG soll neu festgehalten werden, dass Bestimmungen von GAV allgemeinverbindlich erklärt werden können, die niedrigere Mindestlöhne vorsehen als jene, die in den kantonalen Gesetzen festgelegt sind. Die Kommission hat zu diesem Thema eine ausführliche Anhörung mit Vertretungen der Kantone (VDK) und der Sozialpartner durchgeführt. Eingeladen waren einerseits der Arbeitgeberverband, der Gewerbeverband, der Baumeisterverband, das Ausbaugewerbe (AM Suisse) und Gastrosuisse, andererseits der Gewerkschaftsbund, Travail.Suisse sowie die Gewerkschaften Unia und Syna.

Die Kommissionsmehrheit sieht in kantonalen Mindestlöhnen, welche die Mindestlöhne in ave GAV übersteuern, einen einseitigen Eingriff, der die sozialpartnerschaftliche Tradition aufs Spiel setzt. Die Kommissionsminderheit hält im Gegenteil das Instrument der ave GAV durch die Vorlage 24.096 für gefährdet. Sie führt neben sozialpolitischen insbesondere auch staatspolitische Argumente gegen das Vorhaben ins Feld. Mindestlöhne seien vom Bundesgericht als verfassungskonforme sozialpolitische Massnahme bestätigt worden, die meisten seien durch Volksabstimmungen legitimiert, während ave GAV privatrechtliche Vereinbarungen seien

Unterstützer des ave GAV zufrieden

Für die Kommissionsmehrheit wird durch den Entwurf des Bundesrats die noch fehlende Bundeskompetenz nun geschaffen. Sie sieht deshalb keine Verstösse gegen die Normenhierarchie und lehnt es mit 16 zu 9 Stimmen auch ab, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen, damit dieser eine Verfassungsgrundlage für die neue Gesetzesbestimmung schafft. Hingegen braucht es aus Sicht der Mehrheit eine explizite Regelung des Anwendungsvorrangs von Mindestlohnbestimmungen eines ave GAV in Artikel 1 des AVEG. Ein entsprechender Antrag wurde mit 16 zu 9 Stimmen angenommen. Weitere Anträge, die vom Bundesrat vorgeschlagene Bestimmung zu ergänzen, lehnt die Kommission ab.

Über das Resultat aus der Kommission freuen sich die 29 Wirtschaftsverbände, welche die Motion aus dem Nationalrat unterstützt hatten. «Gesamtarbeitsverträge benötigen den Rückhalt der Verbandsmitglieder. Indem die Gewerkschaften Verhandlungsergebnisse auf politischem Weg übersteuern, gefährden sie diese Unterstützung massiv», sagt Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (sgv). Ave GAV böten einen umfassenden Schutz für alle Arbeitnehmenden einer Branche, einschliesslich Entsandter.