Was war das für eine oscarähnliche Show im Hangar-7 am Flughafen von Salzburg: Über 450 geladene Gäste sind Zeugen des feierlichen und historischen Moments und verfolgen die Rückkehr des Guide Michelin in Österreich. Angereist ist auch der 83-jährige Österreicher Eckart Witzigmann, der die Nouvelle Cuisine in den deutschsprachigen Raum einführte und Köche ausbildete und inspirierte.
Der Dreisternekoch wird mit einer Standing Ovation und viel Applaus begrüsst. Gwendal Poullennec, der internationale Direktor des Michelins, sagt: «Es ist Zeit, dass das Licht wieder auf Österreich als kulinarische Destination fällt.» Und Astrid Steharning-Staudinger, Chefin der Österreich Werbung, pflichtet bei: «Der kulinarische Standort Österreich geht nun wieder in die Welt hinaus. Wir haben uns das verdient.»
Michelin Österreich feiert Comeback
Der Michelin hat sich 2009 aus Österreich verabschiedet, weil der Verkauf der gedruckten Ausgabe hinter den Erwartungen zurückblieb. Und nun haben die Bundesländer und die Österreich Werbung erhebliche finanzielle Mittel gesprochen - die Rede ist von über 600 000 Euro –, damit die Michelin-Inspektoren wieder durch ganz Österreich kurven und nicht nur die Restaurants von Salzburg und Wien im «Main City Guide» bewertet werden.
Ein Michelin-Stern kann die Umsätze eines Restaurants um bis zu 30 Prozent steigern und zieht zusätzlich internationale Touristen selbst in der Nebensaison an - und Betriebe erhalten nach einer Auszeichnung Spontanbewerbungen von Fachkräften. Das Magazin Falstaff hat vergeblich gegen die Rückkehr von Michelin gekämpft und argumentierte mit den staatlichen Mitteln, die für Michelin eingesetzt werden.
Freudentränen und junge Chefs
Das Geheimnis wurde trotzdem gelüftet: Österreich hat nun offiziell 82 Sterne-Restaurants, 33 Restaurants mit einem Grünen Michelin sowie 43 Bib-Gourmand-Restaurants. Auffallend ist der Sterneregen für Vorarlberg, wo sich 15 Köchinnen und Köche über 13 Sterne und 6 Bib-Gourmands freuen können. Das Dorf Hittisau erhält mit Felix Gross (Restaurant Ernele) und Michael Garcia-Lopez (Krone) je einen Grünen Stern. Beide Betriebe schaffen auch eine Bib-Gourmand-Auszeichnung.
Julian Stieger, Chefkoch des Rote Wand Chef’s Table in Lech, wird mit dem Young Chef Award und gleich mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Er arbeitete an Adressen wie dem 11 Madisson Park in Manhattan (USA) oder im Geranium Kopenhagen (DEN). «Ich wusste nicht, dass es so einen Award überhaupt gibt. Aber ja, ich bin überwältigt. Mich hat nicht nur die internationale, sondern auch die heimische Küche geprägt.»
Bei der Bekanntgabe der Sternerestaurants laufen da und dort bei den Partnerinnen (die ausgezeichnete Spitzenköche waren fast nur Männer) Freudentränen über die Wangerl. Die Feier erinnert an die Schweizer Version an der EHL.
Zwei Drei-Sterne-Restaurants
Neu mit einem Michelin-Stern wird das Restaurant Sattlerhof in der Südsteiermark ausgezeichnet. Küchenchef Markus Sattler (28) freut sich: «Das bedeutet uns sehr viel, wir haben hart daran gearbeitet. An diesem Erfolg sind alle in unserem Familienbetrieb beteiligt. Gut ist, dass dank Michelin die österreichische Kulinarik wieder auf der internationalen Bühne sichtbar ist.» Österreich habe eine eigene Gastronomie mit vielen Spezialitäten. Vorher sei es für österreichische Gastronomen sehr schwierig gewesen, in einem Sternebetrieb im Ausland anzuheuern, weil dort fast niemand Haubenbewertungen kennt.
Die Michelin-Spitze bilden in Österreich nur zwei Köche (in der Schweiz sind es doppelt so viele Dreisterneköche): Der spanische Schwabe Juan Amador, der seit fast zehn Jahren in seinem Restaurant Amador in Wien wirkt, sowie Patron Heinz Reitbauer und sein Küchenchef Michael Bauböck vom Steirereck im Wiener Stadtpark
Amador sagt: «Es ist meine erste Zeremonie. Ich war tatsächlich aufgeregt. Es ist schön, was in diesem Land an Breite, Qualität und Kreativität zu sehen ist. Ich freue mich über die Auszeichnungen der Kollegen. Ihr habt das gut gemacht!» Im Erfolg selbstlos auf der Bühne reagiert auch Reitbauer: «Für mich ist ein Traum wahr geworden, dass dieses Land wieder ein Feinschmeckerland nach aussen geworden ist.»
Eine würdige Party
Dann wird es Zeit, die verschiedenen Gerichte der Sterneköche an ihren Ständen im Hangar zu geniessen, etwa Räucherforellen-Palatschinken mit betrunkenem Saibling an einer Habichtpilzsauce und Grüll-Kaviar von Karl und Rudi Obauer. Passend dazu der Ried Zieregg Steilriegel vom Weingut Tement aus der Südsteiermark, der vom Winzer persönlich ausgeschenkt wird, und Beats von der Live-Band. Manche Gastronomen hatten nur eine sehr kurze Nacht…