Michael Bauböck: «Der dritte Michelin-Stern ist für uns ein Ritterschlag»

Reto E. Wild – 28. Januar 2025
Als erst zweites österreichisches Restaurant wurde vergangene Woche das Steirereck im Wiener Stadtpark mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Das GastroJournal dinierte kurz nach der Auszeichnung im Steirereck und hat den 35-jährigen Küchenchef Michael Bauböck zum Interview getroffen.

Was erwarten Sie in nächster Zukunft?
Wir werden mehr Reservationen von einem internationalen Publikum erhalten. Dass nun Michelin wieder ganz Österreich bewertet, wird dafür sorgen, dass die Augen vermehrt auf die Kulinarik Österreichs gerichtet werden. Deshalb habe ich mich über jeden einzelnen Stern gefreut, den die Betriebe erhalten haben. Das wird für einen grossen Aufschwung in der österreichischen Gastronomie sorgen. 

 

Wie einfach ist es, bei Ihnen einen Tisch zu bekommen?
Unter der Woche geht das mittags easy. Für einen Freitagabend sollte man besser zwei Wochen im Voraus reservieren. Absolut Hochsaison haben wir jeweils im Dezember. Dann erhalten unsere Mitarbeitenden keine Ferien. Wir arbeiten in dieser Zeit sechs Tage hintereinander.

 

Wie gehen Sie bei der Gestaltung der Karte vor?
Wir wechseln regelmässig und wollen am Zahn der Zeit und nach dem Takt der Saison die Menüs gestalten. Im Steirereck kreieren wir gegen 120 Gerichte pro Jahr. Geistig sind wir jetzt schon daran, uns mit Frühlingsprodukten auseinanderzusetzen. Wir haben einen eigenen Wochenkalender, der sich bis zu vier Wochen gegenüber dem Kalender nach vorne schiebt. Jetzt denken wir über Eierschwammerl, Spargeln, Erdbeeren und Holunder. Für Spargeln fahren wir zu einem Produzenten, der sich eine halbe Stunde von unserem Restaurant entfernt befindet. Das Produkt quietscht und ist so frisch. 

 

Sie sprechen die Frische an. Wie schaffen Sie es, dass bei Ihrem Gang mit den Gurkenmelonen diese so intensiv im Geschmack sind?
Wir geben eine Marinade aus Bergamotte in ein Vakuumierungsgerät rein. Die Gurken saugen sich mit dem Bergamottemark voll. Ich spiele gerne mit Bitternoten und Süssem oder mit warm und kalt. Diese Abwechslung sorgt für ein tolles Mundgefühl. 

 

Über Wien wird gesagt, dass es weltweit die einzige Hauptstadt mit einem eigenen Speisestil ist - Wiener Schnitzel, Tafelspitz oder Kaiserschmarren sind Beispiele dafür. Was ist für Sie Wiener Küche?
Für mich hat das vor allem mit Aromen zu tun, von denen es so viele gibt. Wir sind ein Binnenland. Durch Kriege und Pendler hat sich in dieser Stadt so viel vermischt. Und durch die Türkenbelagerung kamen wir etwa zu unseren Vanillekipferl, aus Böhmen kamen Mehlspeisen wie Palatschinken und Marillenknödel nach Wien, das Gulasch stammt aus Ungarn. All das macht die Spannung aus. Wenn ich in Wien auswärts essen gehe, mache ich das bunt gemischt: von Streetfood bis zu einer Ramen-Bowl.