Es ist elf Uhr mittags und noch ruhig auf dem Zirkusgelände. Bis auf ein paar Mitarbeitende, die auf dem Gelände herumschwirren und im Kassenwagen arbeiten, ist auf der Zirkuswiese in Wettingen AG niemand zu sehen.
Vor dem grossen Zelt steigt der vertraute Duft von Popcorn und Zuckerwatte auf, und im Innern füllen die Mitarbeiterinnen bereits fleissig die ersten Beutel mit Popcorn ab. Auch im neuen Küchenwagen des Circus Monti laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Elena Becker (20), Zirkusköchin und frische Kanti-Abgängerin, sowie Michael Lobaton (49), Zirkuskoch und ehemaliger Logistikmitarbeiter, bereiten das Mittagessen zu. Heute steht Reis mit einem vegetarischen Curry auf der Karte.
Ab zwölf Uhr wird im mit einer Brücke verbundenen Esswagen das Buffet aufgestellt. Auch Nicola Muntwyler (22), Werkstattleiter, isst mit seinen Kollegen und Kolleginnen heute sein Mittagessen dort. Er war zuständig für den Bau des neuen Küchenwagens und verantwortet zudem sämtliche Renovationsarbeiten an allen Fahrzeugen und Zirkuswägen. Stolz präsentiert er den neuen Küchenwagen.
Neue Küche beim Circus Monti
Auf rund 30 Quadratmetern gibt es eine Geschirrwaschmaschine mit einem grossen Vorspülbecken, zwei Waschbecken zum Rüsten, eine grosse Arbeitsfläche und zwei Lagerschränke. Die Geschirrwaschmaschine befindet sich in einem Auszug, einem ausziehbaren Teil des Küchenwagens, der während der Fahrt wieder eingeschoben werden kann. Auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich zwei Kühlschränke und zwei Tiefkühlschränke à je 650 Liter, eine kleine Arbeitsfläche, ein Kombisteamer mit sechs Einschüben, ein Produktions- und Abwaschbecken sowie ein Gasherd mit sechs Platten und Abzugshube.
Der alte Küchenwagen war seit 1990 in Betrieb. Zuerst diente er als Küchen- und Esswagen und wurde dann zu einer reinen Küche umgebaut. Ein zusätzlicher Wagen diente fortan als Esswagen. Mit der Vergrösserung des Teams stiessen in den letzten Jahren beide Wagen immer mehr an ihre Kapazitätsgrenzen. Auch weil sich die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und damit die Anforderungen an den Küchen- und Esswagen stark gewandelt haben, ist Ende der Tournée 2021 die Entscheidung gefallen, beide Wagen neu zu bauen. So wurde auf die Saison 2022 ein neuer Esswagen in Betrieb genommen. Im Jahr 2024 folgte eine neue Zirkusküche.
Spezialmenüs brauchen mehr Platz
«Früher boten wir jeweils ein Fleisch- und ein Vegi-Menü an. Heute können wir auch Intoleranzen und Allergien berücksichtigen und Spezialmenus anbieten», so Muntwyler. Der zusätzliche Platz zum Anrichten und Rüsten hilft dabei.
Elena Becker und Michael Lobaton lassen sich von den Unverträglichkeiten und Spezialwünschen nicht abschrecken. Die beiden Zirkusköche sind vielmehr begeistert von der Diversität ihrer Arbeitskolleginnen. «Ich habe vorher in der Logistik gearbeitet und wollte etwas ganz anderes machen. Zufällig bin ich auf das Inserat des Circus Monti gestossen, in dem sie einen Koch gesucht haben. Als leidenschaftlicher Hobbykoch habe ich mich sofort angesprochen gefühlt», erzählt Lobaton.
Der Circus Monti sei wie ein kleines Dörfchen, ein ehrlicher Ort bei dem jeder so sein kann, wie er ist. Es sei ein Zusammenschluss von Menschen mit unbändiger Leidenschaft, die einen immensen Aufwand für zwei Stunden Show betreiben, ohne dabei zu überlegen, ob dies nun sinnvoll sei oder nicht. «Es erfüllt mich mit grossem Stolz, diesen Artisten und Artistinnen eine gute Mahlzeit zuzubereiten und sie damit mit Energie für die Show zu versorgen», sagt der Koch mit leuchtenden Augen. Auch Elena Becker, frisch von der Kanti und ebenfalls ganz frisch in der Küche, ist begeistert von der familiären Atmosphäre und der Vielfalt ihrer Arbeitskollegen. Beide sehen den Zirkus als eine Art Lebensschule und üben ihren
Mittags und Abends wird gekocht
«Es gefällt mir sehr gut, dass wir hier in der Küche komplett frei sind, wenn es um die Planung oder Umsetzung der Menüpläne geht», so Lobaton. «Wir geniessen extrem viel Vertrauen der Familie Muntwyler und können unseren Arbeitsalltag frei gestalten», ergänzt Becker.
Die beiden kochen jeden Mittag und Abend eine warme Mahlzeit für 40 Artisten und Mitarbeitende. An Auf- und Abbautagen seien es sogar bis zu 50 Mitarbeitende, die verpflegt werden müssen, weil dann externe Mitarbeitende mithelfen und ebenfalls mitessen. «Alle Artisten und Artistinnen können bei uns frei wählen, ob sie selber kochen oder von der Zirkusküche verköstigt werden wollen», erklärt Nicola Muntwyler.
Wenn die Mitarbeitenden im Zirkus essen, werden ihnen die Mahlzeiten verrechnet. Wir haben Mitarbeitende aus der ganzen Welt, welche bei uns im Zelt- auf- und -abbau, in der Manege oder im Backoffice arbeiten. Damit gehe eine grosse Vielfalt an persönlichen Essgewohnheiten hinsichtlich Zeitpunkt, Menge und Geschmack einher.
Kochen und Essen sind verbunden
Der neue Küchenwagen ist mit einer Brücke mit dem Speisewagen verbunden. Dies vereinfacht die Abläufe einerseits für das Küchenteam. Andererseits können die Mitarbeitenden, sobald sie fertig gegessen haben, ihren Teller direkt zur Abwaschstrasse zurückgeben. «Wenn unsere Kollegen den Teller zurückbringen, erhalten wir oftmals ein direktes Feedback zu unserem Essen, das ist sehr schön», erklärt Lobaton.
Das gemeinsame Essen, ist, wie in jeder Familie, auch im Zirkus ein wichtiger Bestandteil eines jeden Tages. Man kommt zusammen, isst, trinkt und spricht miteinander. Und wie das in einer Familie üblich sei, helfen auch im Zirkus alle Mitarbeitenden beim Abräumen und beim Abwaschen mit, erklärt Nicola Muntwyler.
Drei Fragen an: Hansjürg Steffen (60), Küchenplaner und Berater
Was musste bei der Planung der neuen Küche beachtet werden?
Eine Zirkusküche muss mit wenig Platz auskommen und die Aufteilung des Platzes ist ebenfalls durch die Form des Wagens (schlauchförmig) vorgegeben. Aufgrund der bestehenden Hygienevorschriften mussten wir uns gut überlegen, wie wir die Küche aufteilen.
Mit was wurde der neuen Küchenwagen ausgestattet?
Eine Geschirrwaschmaschine, ein grosses Becken zum Vorspülen (60x45), zwei Becken zum Rüsten, eine grosse Arbeitsfläche und Lagerschränke. Zwei Kühlschränke, zwei Tiefkühlschränke mit 650 Liter, eine kleine Arbeitsfläche, ein Kombisteamer mit sechs Einschüben, ein Produktionsbecken und nochmals etwas Arbeitsfläche.
Was ist der grösste Unterschied zu einer normalen Gastroküche?
Die Küche muss mobil sein. Das bedeutet, sämtliche Geräte und Utensilien müssen so befestigt werden, dass beim Fahren nicht alles durch die Gegend fliegt. Das bedeutet, dass alle Schränke und Türen abschliessbar sein müssen.