Carole Befolo, Sie werden eineinhalb Monate lang die Küche des Eastwest Hotels in Genf benützen. Was können die Gäste des Restaurants erwarten?
Carole Befolo: Sie können eine unkomplizierte Gourmetküche mit afrikanischem Einschlag erwarten. Ich führe die Aromen aus Afrika subtil an unseren grossen Tischen ein, ohne sie zu forcieren, mit viel Natürlichkeit und Eleganz.
Auf Ihrer Website betonen Sie die kurzen Wege. Wie verträgt sich das mit Ihren afrikanischen Einflüssen?
Als Heimköchin habe ich immer mit lokalen Produkten gearbeitet. Wenn es darum geht, bei «L’Africanisant»-Veranstaltungen typisch afrikanische Gerichte anzubieten, ist das schon schwieriger: Manche Zutaten sind hier nur schwer zu bekommen. Ich kann Maniok und Yamswurzel besorgen, aber andere Produkte müssen in speziellen Lebensmittelgeschäften gekauft werden und manche sind nicht erhältlich.
Verwenden Sie afrikanische Kochtechniken, die hierzulande kaum bekannt sind?
Ja, aber sehr sparsam. Ich habe traditionelle Handgriffe beibehalten, wie beispielsweise das Formen von Krapfen mit der Handfläche. Auch Ndomba, ein Festtagsgericht, das in Bananenblättern gekocht wird, steht auf der Speisekarte. Ansonsten passe ich afrikanische Gerichte an europäische Techniken an. Bei Mafé zum Beispiel behalte ich die traditionelle Sauce bei, glätte sie aber und koche das Huhn so, wie man es hier machen würde. Ich verleihe der afrikanischen Küche einen frischen Anstrich und bleibe dabei ihrem Geschmack treu. Bevor ich ein Gericht auf die Karte setze, lasse ich es immer meine Mutter probieren. Sie ist diejenige, die den Geschmack kontrolliert.
Sie haben Ihre Kindheit in Afrika verbracht ...
Ich wurde in Kamerun geboren und bin im Alter von sieben Jahren zu meiner Mutter nach Frankreich gezogen, nachdem mein Vater gestorben war. Er war Koch, und ich wollte seinem Beispiel folgen. Also habe ich diverse Ausbildungen absolviert und schliesslich ein Brevet de technicien supérieur (BTS) in der Küche erworben. Danach habe ich in Genf gearbeitet, unter anderem im Café des Bains und bei Monsieur Bouillon. Dann habe ich mich entschieden, mich selbstständig zu machen.

Carole Befolo hat bei ihrem Pop-up auch auf die Dekoration geachtet und Werke von Künstlern mit afrikanischen Wurzeln in den Vordergrund gestellt. (Bild: Nicolas Righetti)
Warum haben Sie ein temporäres Restaurant und einen Heimkochservice gegründet?
Weil ich die Öffentlichkeit über die afrikanische Küche aufklären wollte. Als ich anfing, suchte ich nach Vorbildern für die afrikanische Köche, fand aber keine. Ich habe die afrikanische Küche zu Hause von meiner Mutter gelernt. Als ich im Château des Comtes de Challes in Challes-les-Eaux (F) ankam und den Küchenchef Pascal Colliat sah, war ich von seinem Auftreten und seinem Charisma beeindruckt. Es war, als würde ich das Bild meines Vaters sehen, nur in Weiss. Er war ein Vorbild für mich, ebenso wie Anne-Sophie Pic, aber ich fand keinen Mentor, der aus derselben Kultur wie ich stammte und afrikanische Wurzeln hatte. Meine Mutter hat mir dann gesagt, ich solle mein eigenes Vorbild sein und tun, was ich will. Dann kam Covid. Das war ein Wendepunkt. Damals entstand das Konzept «L’Africanisant», inspiriert von dem Wort «japanisant», das man damals überall sah. Heute bin ich da, wo ich sein wollte, ich lebe meinen Traum!
Sind Sie von einem Team umgeben?
Am Anfang habe ich alles alleine gemacht. Heute bin ich dabei, ein stabileres Team aufzubauen, auch wenn ich bei bestimmten Veranstaltungen oder als Heimköchin weiterhin alleine arbeite.
Was sind die Vorteile dieses kurzlebigen Modells?
Es ermöglicht mir, die Öffentlichkeit auf eine andere Art der Wahrnehmung der afrikanischen Küche vorzubereiten. Es ist ein Schritt zur Sensibilisierung.
Und die Grenzen: Ist es wirtschaftlich tragbar?
Es ist ein finanziell riskanteres Modell. Man hat keine Zeit, eine treue Kundschaft aufzubauen, es muss sofort funktionieren. Es ist also ein komplexer Balanceakt. Ich finanziere alles selbst und beginne erst jetzt, die Ergebnisse zu sehen. Bei den ersten Pop-ups habe ich Geld verloren. Aber ja, wenn es funktioniert, ist es finanzierbar. Auch wenn der Druck immer noch hoch ist.
Ist es leicht, sich jedes Mal an einen neuen Ort und eine neue Kundschaft anzupassen?
Ich tue alles, damit meine Küche bei der lokalen Kundschaft Anklang findet. Im Eastwest gehe ich auf Nummer sicher. Ich habe ein Menü übernommen, das sich bereits in Lyon bewährt hat. Bei Privatkunden passe ich mich viel mehr an.
Was sind Ihre Pläne nach dem Pop-up im Eastwest?
Ich werde meine Tätigkeit als Heimköchin wieder aufnehmen und habe bereits einige Anfragen. Auch ein Rooftop in Lyon hat mich angefragt. Wenn alles gut läuft, möchte ich gerne im September für ein Pop-up zurückkehren.
Wie sieht es langfristig aus? Möchten Sie ein eigenes Lokal eröffnen?
Ja, langfristig möchte ich gerne ein Gourmetrestaurant mit afrikanischem Einfluss eröffnen, das «L’Africanisant» heissen soll. Solange ich aber nicht 15 Gedecke pro Service schaffe, ist das Publikum noch nicht bereit.