Im Juli geniessen die Gäste im Vitznauerhof normalerweise einen Schwumm im erfrischenden Vierwaldstättersee, bevor sie auf der Terrasse vor dem Sens ein Glas Schaumwein trinken. Doch nicht heute Abend. Der Regen prasselt an die Scheiben, und im Innern des Restaurants brennt ein sanftes Licht. Alles erinnert an einen gemütlichen Abend im Herbst.
Auch das Fünfgangmenü wurde für einen lauen Sommerabend kreiert: frisch, überraschend und elegant. Doch das spielt keine Rolle. Denn das Menü würde auch bei Eisregen und Schnee vorzüglich schmecken.
Das Menü des jungen Starkochs überzeugt mit bekannten Signature Dishes aus Vals und neuen Eigenkreationen. Alle Gänge werden auf extravaganten Tellern in die Mitte des Tisches gestellt und laden zum gemeinsamen Geniessen ein. Den Auftakt des Abends macht ein Caesar-Salat, angerichtet als feine Mousse in einer kleinen Schale, begleitet von Olivenöl aus Portugal und frischen Focaccias aus Vals.
Auf die verschiedenen Silver Snacks folgt ein Signature Dish mit fünferlei Tomaten, allesamt in verschiedenen Formen, Farben und Zubereitungsarten, garniert mit Valser Basilikum und Rhabarber Toppings. Begleitet wird der Tomatenteller von einem frischen Sommersalat mit Saibling, Bergthymian und einem feinen Bündner Sanddornjus. Das Bündnerland sei weltweit bekannt für seinen guten Sanddorn, erklärt uns Franziska Woelfle (27), Sommelière im Restaurant Silver in Vals GR. Inspiriert von den Reisen nach Japan präsentiert sich dieser Teller mit einer schönen Frische und asiatischen Aromen.
Es folgt ein Silver Sushi zum Selbstrollen. Ein Algenblatt, ein frisches Shiso-Blatt und ein Chips als Basis, welches mit Valser Rind und/oder Hamachi belegt und mit eingelegten Auberginen, Sojasauce und einer selbstgemachten Mayonnaise und Kaviar verfeinert, gerollt und genossen wird.
Als letzten Gang vor dem süssen Abschluss werden drei kleine Teller serviert: Sellerie und Koriander an einem Thaijus, Zander, Miso und Kräuter und Gnocchi-Parisienne. Den süssen Abschluss macht ein Teller mit verschiedenen Waldbeeren, angerichtet mit Joghurt und Dill.
Nach einem kulinarischen Gaumenschmaus haben wir dem Starkoch ein paar Fragen gestellt.
Marcel Koolen, wieso bist du mit deinem Team aus Vals nach Vitznau gekommen?
Marcel Koolen: Ich wollte meinem Team und mir Abwechslung bieten, ein anderes Umfeld, eine andere Küche. Ein Tapetenwechsel gibt neue Impulse und fördert die Kreativität. Deshalb sind solche Formate Gold wert.
Wie profitiert das Team von dem Pop-up?
Normalerweise arbeiten wir in Vals an vier Tagen. Hier unten hat das Team eine Fünftageswoche, dafür können die Teammitglieder in ihrer Freizeit die nähere Umgebung erkunden. Gestern sind wir zum Beispiel mit dem Boot in das Gasthaus Obermatt gefahren und haben gemeinsam Zmittag gegessen. Auch die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden vom Vitznauerhof und dem Gourmetrestaurant Sens bietet neue Inspirationsquellen.
Wo liegen die Herausforderungen in einer fremden Küche?
Die Küche kenne ich gut, denn ich habe als Sous-Chef von 2018 bis 2021 unter Jeroen Achtien gearbeitet. Ich weiss hier, was gut funktioniert und was nicht. Eine kleinere Küche und ein kleineres Team bedeuten auch ein anderes Arbeiten. Daher haben fürs Restaurant Sens ein Sharing-Konzept entwickelt. Der Fokus liegt auf dem Geschmack. Wir haben bewusst auf Details verzichtet. Die Gerichte im Restaurant 7132 Silver sind komplexer.
Der Vitznauerhof am Vierwaldstättersee. (Bild: zVg)
Was ist wichtig bei einer Zusammenarbeit von verschiedenen Teams?
Dass wir gleich von Beginn an eine Einheit sind. Deshalb sind wir auch am ersten Abend, als wir hier angekommen sind, alle zusammen noch etwas trinken gegangen und haben eine gemeinsame Whatsapp-Gruppe gegründet. Zudem braucht es in der Küche mehr Kommunikation. In Vals wissen alle, wie ich was haben will und hier muss ich es erklären, weshalb wir das so machen.
Was macht für dich ein gutes Team aus?
Es ist mir wichtig, dass das Team stark ist, alle dasselbe Ziel verfolgen, Freude an ihrer Arbeit haben und eine gute Stimmung verbreiten. Das perfekte Team ist ein kunterbuntes Potpourri an Menschen aus diversen Kulturkreisen mit verschiedenen Stärken. Eine Person im Team sollte gut strukturiert sein. Das ist im 7132 Silver unser Souschef. Zwei, drei Kreative braucht es im Team, damit neue Ideen laufend eingebracht werden. Aber vor allem braucht es Empathie, um als Team erfolgreich zu sein.
Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Wie würde dein eigenes Restaurant aussehen?
Das liegt noch in weiter Ferne. Ich bin erst seit April letzten Jahres Head Chef im 7132 Silver Restaurant. Ich mag den Wald und die archaischen Bündner Berge und vor allem die Ruhe, die sie ausstrahlen. Mit meinem Team sammeln wir Beeren und pflücken Kräuter im Wald. Ich liebe den Wechsel der Jahreszeiten. In Vals kann ich aus dem Vollen schöpfen, mich kreativ ausleben und neue Gerichte entwickeln. Ich setze mich aktiv gegen Lebensmittelverschwendung ein. Wenn ich einmal ein eigenes Restaurant eröffne, werde ich meinen Fokus darauf richten und alles wiederverwerten.
Mehr über den Vitznauerhof lesen Sie im GastroJournal vom 2. August 2024