Gemeinsame Lösungen gegen Food Waste

Oliver Borner – 02. Juli 2024
Ende Juni trafen sich Food Save-Persönlichkeiten aus Praxis, Forschung und Behörden zum Best Practice-Austausch beim «Fokus Food Save 2024» des Vereins United Against Waste in Bern.

«Fokus Food Save» vom Verein United Against Waste (UAW) zählt zu den wichtigsten Events für die Food Save-Community. Jedes Jahr treffen sich Experten und Expertinnen zum Austausch und Networking in Bern. So auch 2024. Am vergangenen Freitag fanden sich über 200 Personen aus dem Detailhandel, der Gastronomie, der Hotellerie und weiteren Branchen im Kongresszentrum Kreuz in Bern zusammen, um über die dringendsten Themen zum Thema Food Save und Food Waste zu diskutieren.

Absichten mit fehlender Umsetzung

Dafür fanden nach der Jahresversammlung von United Against Waste mehrere Podien zum Thema Food Save statt. Den Anfang machte Dr. Christine Schäfer von Gottlieb Duttweiler Institute (GDI) in Rüschlikon ZH. Sie beschäftigte sich mit der Frage, warum gute Ernährungsvorsätze oftmals scheitern. Dabei wurde deutlich: viele Menschen wollen etwas an ihrer Ernährungsweise (z.B. gesündere Ernährung) ändern, schaffen es aber nicht, aus gewohnten Mustern auszubrechen. Je nach Vorsatz scheiterten zwischen 30 bis 50 Prozent an der Umsetzung.

Dafür gäbe es mehrere Gründe, so Schäfer. «Diese reichen von externen Faktoren, wie zum Beispiel die finanzielle oder soziale Situation der Person, bis zu internen Konflikten, wie etwa fehlendes Wissen bezüglich Gesundheit.» Dabei sei gerade das Wissen darüber, welche Auswirkungen die Ernährung auf den Körper und die Umwelt hat, essenziell, um etwas am Ernährungsverhalten zu ändern.

Gleichzeitig sieht Schäfer auch Schwächen im Schweizer Ernährungssystem. «Es gibt schlicht zu viele Zielkonflikte in unserem System. Wir wollen beispielsweise weniger Zucker in unseren Lebensmittel verwenden, gleichzeitig subventioniert die Schweiz den Zuckerrübenanbau massiv», sagt sie.

Zudem fehle es an einem True Price-Modell. «Sozial- und Umweltkosten, die bei der Lebensmittelproduktion anfallen, werden nicht oder kaum in die Preise der Lebensmittel eingerechnet. Das führt dazu, dass Produkte, die einen negativen Einfluss auf die Umwelt und die Gesundheit haben, beispielsweise tierische Produkte wie Fleisch oder Milch, oftmals günstiger sind, als sie es eigentlich sein sollten.» Würde diese Balance stimmen, würden viele Konsumentinnen und Konsumenten sorgfältiger und bewusster mit Lebensmitteln umgehen, ist die Expertin überzeugt.

Food Save der Zukunft

Neben den Podien bot die Versammlung zudem mehreren Startups eine Bühne. Matthieu Ochsner von GoNiña, Olivia Menzi von Circunis, Mirko Buri von Foodoo foods und Roman Bundi von ProKeSo stellten nacheinander ihre Projekte mit einem Fokus auf Food Save vor.

Am Nachmittag gingen drei Breakout-Sessions vertieft in spezifische Bereiche von Food Save ein. Im Zentrum standen Fragestellungen «Wie schaffen es innovative Produkte dauerhaft ins Regal?» oder «Nebenströme – welche Verwertung macht Sinn?». Prof. Dr. Mirjam Hauser, Professorin für Wirtschaftspsychologie, FHNW Fachhochschule Nordwestschweiz stellte erfolgreiche Praxisbeispiele für den Umgang mit Konsumentenentscheidungen vor.

Zum Abschluss des Tages ging Dominik Flammer, Ökonom, Foodscout und Autor, auf den historischen Kontext im Umgang mit Lebensmitteln ein. Unter dem Leitwort «Aus der Vergangenheit lernen» zeigte er auf, was das heutige Ernährungssystem aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen kann.

Neues Kick-Start-Programm

Die Schweiz hat sich verpflichtet, die Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren. Die Lösungen hin zu diesem Ziel sind oft komplex und bedingen die Zusammenarbeit aller Akteure. Um solche Lösungen zu ermöglichen, lanciert UAW ein Kick-Start-Programm. Dieses zielt darauf ab, kollaborative Projekte zu unterstützen und über einen Award Sichtbarkeit zu generieren. Das Programm will langfristig zu nachhaltigen Strukturen innerhalb der Lebensmittelwirtschaft beitragen.

Unter der Losung «Gemeinsam» arbeiten Player aus der gesamten Lebensmittelwirtschaft zusammen, um entlang bestehender und neuer Lieferketten (value-ecosystems) Lösungen für spezifische Herausforderungen zu entwickeln. Konkrete Praxisprojekte, etwa der Nutzung so genannter Lebensmittel-Nebenströme, reichen von der landwirtschaftlichen Produktion, Verarbeitungsbetrieben in Gewerbe und Industrie bis zur Gastronomie. Eine wichtige Rolle kommt zudem dem Gross und Einzelhandel und der Logistikbranche zu.