Am 8. November lädt das Culinarium Alpinum, das Kompetenzzentrum für Kulinarik im Alpenraum in Stans NW, zur ersten internationalen Konferenz für regional produzierte Produkte aus dem Alpenraum. Das Ziel ist es, Themen rund um die Kulinarik und die nachhaltige Entwicklung in den Alpenregionen zur Sprache zu bringen und untereinander zu diskutieren. «Wir möchten mit dem Forum Alp’24 die Diskussion um Werte und Chancen im Alpenraum fördern und dabei einen Beitrag leisten zur Bewahrung von Tradition, zur Gestaltung der Zukunft und zum Erleben von Genuss», sagt Andres Lietha, Leiter des Culinarium Alpinum.
Gastronomie fördert regionale Produktion
Insgesamt treffen sich am ersten Tag der Konferenz über 100 Teilnehmende aus den Ländern Schweiz, Italien, Österreich und Deutschland. Über den Tag verteilt finden mehrere Referate und Workshops statt, bei welchen Best-Practice-Beispiele vorgestellt und Raum für die Diskussion und den Austausch untereinander gegeben wird.
Ein wichtiger Faktor bei der Förderung regionaler Produkte ist die Gastronomie. «Mit Messer und Gabel fördern die Gäste die regionale Produktion», sagt Lisa Landert, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fachbereichs Agrarökonomie, Soziales und Regionalentwicklung beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) bei ihrem Referat. Voraussetzung dafür sei, dass die Zusammenarbeit zwischen der Landwirtschaft, dem Tourismus und der Gastronomie reibungslos funktioniere.
Dies bestätigt Uli Veith, Gastgeber im Hotel Chasa Chalavaina in Müstair GR. In der Küche des Hotel werden überwiegend regionale Produkte verarbeitet. «Das setzt eine enge und faire Zusammenarbeit mit den Produzenten aus der Landwirtschaft voraus», sagt er. Funktioniere eine solche Zusammenarbeit, profitierten alle Beteiligten, auch die Gäste und damit der Tourismus.
Weg von der fixen Speisekarte
Wie wichtig regionale Produkte für einen authentischen und ehrlichen Tourismus sind, weiss Peter Durrer. Er ist seit der Eröffnung des Culinarium Alpinum 2020 Gastgeber des Kompetenzzentrums. «Regionale Produkte sind wichtig für den Tourismus. Sie tragen einen grossen Teil zur Kulinarik der Region bei und ziehen damit Gäste an. Kulinariktourismus ist damit auch Landwirtschaftstourismus und umgekehrt», sagt er.
Die regional produzierten Produkte erlebten derzeit eine Renaissance. «Die Gäste wollen regionale Produkte und sind bereit, dafür zu bezahlen», stellt Durrer fest. Das verlangt von der Gastronomie ein Umdenken. «Wir müssen weg von einer fixen Speisekarte und Standardgerichten. Die Produzentinnen und Produzenten geben der Küche vor, was auf den Teller kommt, nicht umgekehrt.»
Eine dieser Produzentinnen ist Anita Z’Rotz, Biogemüseproduzentin vom Hof Murmatt in Ennetmoos NW. Sie beliefert das Culinarium Alpinum regelmässig mit Gemüse und Früchten. Was beim Koch ankommt, ist von der Saison, dem Klima und der Ernte abhängig. «Wenn ich beispielsweise keine Beeren liefern kann, bekommt der Koch auch keine Beeren», sagt Z'Rotz. Das verlangt von den Köchinnen und Köchen eine gewisse Anpassungsfähigkeit. «Es braucht Köchinnen und Köche, die ihr Handwerk verstehen und offen für Neues sind», sagt Durrer.
Cércle régional geht ins Tessin
Zum Abschluss des Forums wird am Freitag «Cércle régional» vergeben. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an den Kanton Tessin mit seinen Projekten «Ticino a Te» und «Ticino a Tavola». Das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) und das BLW heben die starke Verankerung von Regionalprodukten in der Gastronomie und Hotellerie hervor, welche die beiden Projekte bewerkstelligen. Gleichzeitig werden am Abend die besten Produkte des Alpenraums ausgezeichnet. Die ersten Preisträger sind:
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Pirmin Dörig, Käserei Bürg, Buochs NW mit «Sbrinz AOP» (Prix d'Excellence Kategorie Milchprodukte)
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Ornella Piazza und David Zurfluh, Culinarium Alpinum mit dem «Saurer Stanser» (Gold Kategorie Produkte aus Obst, Gemüse, Honig)
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Carla und Peter Zumbühl, Hiasigs aus Grafenort mit «Lardo – das weisse Gold vom Schwarzen Alpenschwein» (Gold Kategorie Fleischprodukte)
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Regina Gut Gut's Genuss GmbH aus Wolfenschiessen NW mit dem Engelberger Dinkelbrot (Gold Kategorie Bäckerei-, Konditorei- und Confiserie-Produkte)
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Paul Odermatt Nidwaldner Edelsaft aus Oberdorf mit der «Nidwaldner Hopfen Schorle» (Gold Kategorie Alkoholische Getränke)
Uli Veith spricht am Forum Alp'24 über seinen Betrieb und dessen Philosophie. (Bild: Oliver Borner)
Getroffen am Forum: Uli Veith, Gastgeber im Hotel Chasa Chalavaina, Müstair GR
Uli Veith, warum sind Sie extra aus dem Val Müstair nach Stans ans Forum Alp'24 gereist?
Da wir in unserem Betrieb gezielt auf regionale Produkte setzen, hat mich der Anlass mit seinem Fokus auf regionale Produkte und Produzenten direkt angesprochen. Zudem bietet der Anlass eine gute Möglichkeit, sich mit anderen Gastgebenden, Produzentinnen und Gastronomen auszutauschen.
Regionale Produkte liegen, auch in der Gastronomie, im Trend. An Ihrem Podium am Vormittag sagten Sie, dass regionale Produkte mehr sind als nur eine Modeerscheinung. Woran machen Sie das fest?
Ich stütze mich auf das Feedback, welches ich tagtäglich von unseren Gästen erhalte. Viele kommen zu uns, weil sie explizit unsere Philosophie der Verwendung regionaler Produkte suchen. Sie schätzen, dass sie bei uns wissen, woher die Produkte kommen und wer sie hergestellt hat.
In Ihrem Betrieb kommen praktisch nur regionale Produkte auf den Teller. Welche Herausforderungen bringt dies für die Küche mit sich?
Es braucht eine genaue Planung. Denn, wenn man vorwiegend regionalen Produkten arbeitet, bestimmt grundsätzlich der Produzent oder die Produzentin, was auf der Speisekarte steht. Unser Koch richtet sich danach, was er von den Produzenten bekommt und schreibt dann das Menü. Das verlangt von ihm, dass er kreativ arbeiten kann und sein Handwerk versteht.
Ihr Koch schreibt damit jeden Tag eine neue Speisekarte?
Genau. Das gilt übrigens auch für das Buffet beim Frühstück. Eine standardisierte Speisekarte mit fixen Gerichten gibt es bei uns nicht.
Wie finden mehr regionale Produkte den Weg in die Schweizer Gastronomie?
Das ist stark von der Einstellung des Betriebs und dessen Küche abhängig. Eigentümer und Koch müssen beide an einem Strang ziehen, sonst kann eine Gastronomie mit Fokus auf regionale Produkte kaum funktionieren.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der regionalen Produkte?
Ich wünsche mir vor allem, dass die Spielregeln und Voraussetzungen bei den Produzenten von regionalen Produkten dieselben sind wie bei den Grossverteilern. Es muss belohnt werden, dass ein regionaler Produzent, der seine Tiere mit viel Liebe und Sorgfalt aufzieht, mindestens die gleichen Chancen auf dem Markt hat wie der Grossverteiler, der sein Fleisch von Produzenten bezieht, wo es die Tiere nicht so schön haben.
Welche Tipps geben Sie Hoteliers oder Köchinnen, welche zwar regionale Produkte verwenden wollen, aber den Zugang dazu noch nicht gefunden haben?
Das Wichtigste ist, den Mut zu haben, etwas zu wagen. Viele Köchinnen und Köche haben Angst vor den hohen Preisen und verzichten daher auf regionale Produkte. Ich sage immer: Die Preise sind weniger hoch, als viele denken. Da der Gast diese Produkte aktiv fordert, ist er auch bereit, diesen Preis zu bezahlen. Zudem ist es für jeden Gastgeber und jede Gastgeberin sinnvoll, wenn er oder sie ein Netzwerk von Produzenten aufbaut. So kommt man auch mal an Produkte, welche man vielleicht nie entdeckt hätte.