Regionalität ist in aller Munde. Insbesondere bei Lebensmitteln hat die Bezeichnung «regional» in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen - sowohl in der Produktion und im Handel als auch in der Gastronomie. Dementsprechend wird regelmässig über die Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen von Regionalprodukten in der Schweiz gesprochen.
Deshalb fand an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) vergangene Woche zum sechsten Mal die Fachtagung Regionalprodukte statt. Im Fokus stehen dabei die Stärke und Vielfalt regionaler Wertschöpfungsketten. Expertinnen und Experten zeigen, wie Regionalprodukte in der Schweiz Marken aufbauen, Wachstum fördern und als treibende Kräfte für die Entwicklung in den Regionen wirken.
Gastronomie als Schaufenster
Dabei steht auch die Gastronomie im Fokus. Gemeinsam mit Luc Treichler, stellvertretender Geschäftsführer von alpinavera, spricht Seraina Wicky vom Gasthaus Göscheneralp im Kanton Uri über die Bedeutung und die Herausforderungen der Verwendung regionaler Produkte in der Gastronomie. Zusammen mit ihrem Mann Dan verfolgt sie im Gasthaus eine klare Philosophie der Regionalität. Auf den Teller kommen nur Produkte, von welchen die beiden die Herkunft kennen.
Dementsprechend finden sich auf der Speisekarte viele Produkte von der Göscheneralp, wie beispielsweise Eier, Pilze, Schweinefleisch, Ziegenkäse oder frische Forellen aus dem Stausee. «Wir haben das Glück, im Umfeld des Gasthauses mehrere Bauern zu haben, die uns mit frischen, regionalen Produkten versorgen», sagt Wicky.
Dazu gehört - erstaunlicherweise - auch Yak-Fleisch. Auf der Karte findet sich neben einem Yak-Burger auch ein Yak-Geschnetzeltes. «Das Yak hat im Kanton Uri in einzelnen Regionen das Schaf als Weidetier abgelöst, da es weniger von Wölfen gerissen wird», führt Wicky aus. Das Fleisch schmecke ähnlich wie Rindfleisch und sei dadurch beliebter als beispielsweise Schaffleisch.
Es zeigt sich, welchen Einfluss die Gastronomie auf die Vermarktung regionaler Produkte haben kann. «Das Yak-Fleisch ist mittlerweile sehr beliebt und wird bei uns oft und gerne gegessen», sagt Wicky. Die Gastronomie nimmt damit die Rolle eines Schaufensters für regionale Produkte ein.
«Es hät, solang's hät»
Mit der Regionalität gehen einige Prozesse einher. Beispielsweise werden die Tiere auf dem Hof der Bauern geschlachtet und gelangen über den Metzger ins Gasthaus. «Wir nehmen immer nur das, was wir von den Bauern bekommen», sagt Gastgeberin Seraina Wicky.

Seraina Wicky im Gespräch mit Luc Treichler. (Bild: Louis Rafael Rosenthal)
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich die Speisekarte im Restaurant dem Angebot der Bauern anpasst. «Ein Yak hat nun mal nur zwei Filets. Wenn diese bereits serviert wurden, gibt es halt kein Yak-Filet mehr», so Wicky. Mit dieser Philosophie könne sie die Produkte aber mit gutem Gewissen servieren. «Wir wissen, wo das Fleisch herkommt und was dahintersteckt. Das schätzen auch die Gäste sehr.»
Daneben kommen in der Göscheneralp vor allem saisonale Produkte auf die Teller der Gäste. «Im naheliegenden Wald sammeln wir Beeren oder Pilze, die wir in unsere Hauptspeisen oder Desserts integrieren», sagt Wicky. Sollte dies nichts hergeben, wird bei einem Bauern aus der Region eingekauft oder auf das Produkt verzichtet.
Das Netzwerk ist entscheidend
Für diese Philosophie muss sich Seraina Wicky oft rechtfertigen. Sie werde mit der Meinung konfrontiert, dass Kochen mit regionalen Produkten schlicht zu teuer sei und sich dies nur die Sterne-Restaurants leisten könnten.
Seraina Wicky winkt ab. Es möge zwar stimmen, dass die Preise gegenüber anderen Anbietern höher sind. «Allerdings kann mit gutem Fleisch aus der Region mehr für das Menü verlangt werden.» Der Gast sei in der Regel immer bereit, für ein Menü mit regionalen Produkten mehr zu bezahlen, wenn das Restaurant die Gründe für den höheren Preis offen kommuniziert.
Hinzu käme, dass die Preisunterschiede bei vielen Produkten gar nicht so gross seien, wie von vielen Gastronominnen und Gastronomen angenommen. «Ob ein Ei im Grosshandel 40 Rappen oder im Direktverkauf vom Bauern 50 Rappen kostet, macht auf das Menü gerechnet kaum einen Unterschied», sagt Wicky.
Die grösste Herausforderung sieht die Gastgeberin im Knüpfen von Kontakten. «Für viele Gastronominnen und Gastronomen ist es schwierig, neben dem stressigen Alltag auch noch neue regionale Produzenten zu finden.» Sie selbst habe diese Erfahrungen auch gemacht. Ihr Tipp: «Man muss den Mut und Willen haben, mit lokalen Produzenten zu sprechen und zu verhandeln. Das braucht Zeit, lohnt sich langfristig aber immer!»