Der erste Schritt auf dem Weg nach Lyon

Oliver Borner – 12. Juni 2025
Am 16. Juni kochen im Neuro Campus Hotel «Das Morgen» in Vitznau LU Karina Fruman und Simon Grimbichler um den Einzug ins europäische Finale des renommierten Kochwettbewerbs Bocuse d’Or. Das GastroJournal hat vor dem Finale mit den beiden über ihre Vorbereitung, ihre Ziele und die Bedeutung des Wettbewerbs für die Schweiz gesprochen.

Karina Fruman, Simon Grimbichler, am kommenden Montag findet die nationale Ausscheidung zur Teilnahme am europäischen Finale des Bocuse d’Or statt. Wie ist die Gefühlslage bei Ihnen beiden?
Karina Fruman (KF): Ich fühle mich ziemlich entspannt. Mein Commis und ich sind gut vorbereitet und konnten in den letzten Wochen die letzten Baustellen bei den Kochabläufen beseitigen.
Simon Grimbichler (SB): Momentan bin ich sehr locker. Die Vorbereitungen laufen gut, der Plan steht. Aber ich denke, die Nervosität und die Anspannung werden einsetzen, je näher der Wettkampf rückt.

 

Was hat Sie dazu bewogen, am Wettbewerb teilzunehmen?
SB: Es ist ganz einfach der grösste Wettkampf, den ein Wettbewerbskoch absolvieren kann. Diese Herausforderung hat mich, seit ich an Wettkämpfen teilnehme, immer gereizt. Nun will ich in diesem Jahr meine Chance packen.
KF: Nach meinem Engagement in der Kochnationalmannschaft mit einer Olympia- und WM-Teilnahme ist der Bocuse d’Or der letzte Wettbewerb, der meiner Ansicht nach noch bedeutender ist. Für mich war daher klar, dass ich teilnehmen will. Zudem: Die Schweiz hat noch nie eine Frau an ein Finale eines Bocuse d’Or geschickt. Zeit, dass sich das ändert!

 

Wie laufen die Vorbereitungen?
SB: Die Vorbereitungen laufen gut. Mein Commis und ich haben in den letzten Wochen intensiv an den letzten Details bei den Abläufen gearbeitet und diese perfektioniert. Wir sind im Zeitplan.
KF: Ich bin mit den Vorbereitungen sehr zufrieden. Der letzte Probelauf lief sehr gut, die letzten Anpassungen fürs Finale sind gemacht.

 

Wie oft und wie viel wird trainiert?
KF: Ich trainiere aktuell einmal in der Woche einen Tag. Einmal im Monat absolviere ich zudem einen Probelauf.
SB: Bei mir ist es aktuell ein bisschen weniger als bei Karina, da mein Commis noch in einer Abschlussprüfung für seine Kochlehre steckt. Dazu habe ich zwei Probeläufe absolviert.

 

Sie haben beide bereits Probeläufe absolviert. Wie lauten die Fazits?
KF: Ich bin zufrieden mit meinen Probeläufen. Für mich ist nach wie vor die Zeit eine Herausforderung. Am Tag X muss alles passen, damit es zeitlich aufgeht.
SB:  Das Fazit zu den Probeläufen fällt positiv aus. Mein Commis und ich konzen­trieren uns auf einzelne Komponenten und versuchen, diese zu perfektionieren. 

 

Sie waren beide Teil der Schweizer Junioren-Kochnationalmannschaft und haben dadurch bereits Wettbewerbserfahrung. Wie stark hilft das bei den Vorbereitungen?
KF: Die Erfahrungen aus anderen Wettbewerben sind hinsichtlich der Arbeitsweise und der Organisation am Arbeitsplatz sehr hilfreich. 
SB: Mir helfen die Erfahrungen sicher dabei, in brenzligen Situationen gelassen zu bleiben. Zudem kann ich Arbeitstechniken und Rezepte, die an anderen Wettbewerben funktioniert haben, wiederverwenden. Das hilft sehr.

 

Karina Fruman, Sie kochen aufgrund ihrer Zöliakie stets gluten- und sojafrei. Welche Herausforderungen bringt das für den Wettkampf mit sich?
Glücklicherweise steht dieses Jahr keine glutenhaltige Pflichtzutat im Rezept. Die grösste Herausforderung ist es, eine glutenfreie Komponente auf das gleiche Niveau zu bringen wie eine glutenhaltige Komponente. Ich möchte erreichen, dass die Jury beim Probieren den glutenfreien Aspekt bei den Komponenten nicht schmeckt.

 

Die beiden Pflichtzutaten sind in diesem Jahr einerseits der Steinbutt und andererseits die Ente. Was sagen Sie zu diesen beiden Komponenten?  
KF: Da ich in der Nati immer für den Fisch zuständig war, wird dieser für mich ein Heimspiel. Dafür wird die Ente für mich eine Herausforderung, da ich in meiner Karriere weniger mit Fleisch gearbeitet habe. Ich bin aber froh, dass es ein Geflügel ist, da die Verarbeitung einfacher ist als beispielsweise beim Schwein oder Rind. Wichtig ist mir bei beiden Tellern, dass das Naturprodukt vollkommen zur Geltung kommt und mit einer sauberen Technik zubereitet wird.
SB: Bei mir ist der Fisch die grosse He­rausforderung. Der Steinbutt hat keinen charakteristischen Eigengeschmack und ist ein sehr magerer Fisch. Letzteres ist im Hinblick auf die Zubereitung sicher nicht einfach. Ich freue mich dagegen auf die Zubereitung der Ente, da diese viele Möglichkeiten bietet.

 

Welches Ziel setzen Sie sich über das nationale Finale hinaus für den Bocuse d’Or? 
KF: Mein grosses Ziel – sofern ich es ans europäische Finale schaffe – ist es, das Finale in Lyon zu erreichen. Das nationale Finale soll für mich als Standortbestimmung dienen und die Grundlage dafür legen, die Schweiz nach Lyon zu führen.
SB: Das Ziel ist die Qualifikation für Lyon. Viel wichtiger ist allerdings, dass bei einem Weiterkommen bei mir und bei meinem Commis eine Weiterentwicklung stattfindet.

 

Blicken wir in die Zukunft: Nächstes Jahr soll der Finale in Lyon – hoffentlich mit Schweizer Beteiligung – stattfinden. Warum gehört die Schweiz ins Finale?
KF: Die Schweiz hat bereits gezeigt, dass sie weltweit zu den Topnationen gehört. Schliesslich wurde die Kochnationalmannschaft 2022 Weltmeister und war 2024 an der Olympiade sehr erfolgreich. Deshalb bin ich noch immer überzeugt, dass die Schweiz auch ans Finale des Bocuse d’Or gehört. Aber: Viele Länder haben aufgeholt und  kochen mittlerweile auf hohem Niveau. Die Konkurrenz ist gross.
SB: Dem stimme ich zu. Hinzu kommt, dass das Niveau der jeweiligen Nationen am europäischen Finale gegenüber dem Schweizer Finale sehr hoch ist. Das macht es für die Schweizer Kandidierenden sehr schwierig, überhaupt nach Lyon zu kommen. Dennoch denke ich, dass die Schweiz das Zeug dazu hat, das Weltfinale 2026 zu erreichen.